Liebe Leserin, lieber Leser,

30 Jahre Hinz&Kunzt. Ist das ein Grund zu feiern? Eigentlich nicht, denn die Ziele des Straßenmagazins und vieler anderer Hilfsprojekte wurden nicht erreicht: Die Zahl der Wohnungslosen hat von Jahr zu Jahr zugenommen. Während es nach wie vor immer weniger Sozialwohnungen gibt, suchen viele Menschen verzweifelt ein bezahlbares Dach über dem Kopf und einen Ort, an dem sie sich sicher und zu Hause fühlen können. So gesehen waren die vergangenen 30 Jahre frustrierend, und richtig Grund zum Feiern hätten wir erst, wenn es uns nicht mehr brauchte, weil Wohnungslosigkeit ein Problem vergangener Zeiten geworden wäre.

Feiern sollten wir aber trotzdem. Denn 30 Jahre Hinz&Kunzt bedeuten auch 30 Jahre Kampf um Humanität: Hunderte Menschen haben als Verkäufer:innen des Straßenmagazins wieder Struktur in ihr Leben bringen können und sich ein kleines Einkommen erwirtschaftet. Für viele war das, begleitet durch die Sozialarbeiter:innen von Hinz&Kunzt, der Beginn eines langen und schweren Weges zurück in eigenen Wohnraum und manchmal sogar in einen Job. Für andere war die Tätigkeit als Verkäufer:in der letzte Würdeanker im Leben, der letzte gesellschaftliche Kontakt in einsamen und dunklen Zeiten.

Mittlerweile gibt es bei Hinz&Kunzt sogar Wohnraum, Projekte wie „Spende dein Pfand“ bieten Jobs für ehemals Obdachlose. Aber im Mittelpunkt steht noch immer das Magazin: 369 Ausgaben bis heute. Das zweitälteste, auflangenstärkste und – ich als Herausgeber sage das nicht ohne Stolz – meiner Ansicht nach beste Straßenmagazin Deutschlands. Mit hochwertigen Fotografien und Texten erzählen unsere Journalist:innen Monat für Monat neue interessante Geschichten, die man so nur bei Hinz&Kunzt lesen kann. Einladend und offen für bürgerliche Leser:innen stellt das Magazin Menschen in Not in den Mittelpunkt. Es ist Lobby für jene, die sonst kaum jemand im Blick hat, und beleuchtet gesellschaftliche Bereiche, die von den übrigen Medien oft übersehen werden. Hinz&Kunzt hat dabei immer die Würde des Menschen im Fokus und schreibt zwar über viel Erschreckendes, macht aber immer auch Anrührendes und Ermutigendes sichtbar. Insofern stehen 30 Jahre Hinz&Kunzt auch für eine starke Erfolgsstory. Diesen Teil der Geschichte wollen wir feiern.

Bleiben Sie uns gewogen!

Ihr Dirk Ahrens

Landespastor, Leiter der Diakonie Hamburg und Hinz&Kunzt-Herausgeber