1995 kam Richard Edel zu Hinz&Kunzt: drogenkrank und obdachlos. Heute ist er clean, hat einen festen Job – und hält Vorträge an der Polizeiakademie Hamburg.
„Ich habe hier eine Mission.“ Richard wischt sich den Schweiß von der Stirn und streicht entschlossen sein Hemd glatt. Die Sonne knallt auf ihn und die Gruppe Polizeischüler:innen herab. Richard hat sie an diesem Tag im Juni zum Drob Inn geführt, eine Anlaufstelle für Suchtkranke in St. Georg. „Ich möchte euch darauf aufmerksam machen, dass hinter jedem einzelnen Obdachlosen eine Geschichte steht“, sagt Richard. „Ich habe damals auch nicht freiwillig so gelebt.“ Die Gruppe schaut hinüber zu den Menschen auf der Grünfläche. Einige schlafen auf dem Gras, andere laufen unruhig umher. Ihre Klamotten sind zum Großteil abgetragen. Um sie herum liegt Müll. Die Verelendung ist nicht zu übersehen. „Ich bin früher fast jeden Tag hierhergelaufen, für Drogen, Essen und frische Socken.“ Der zierliche Mann schaut die Polizeianwärter:innen an: „Ich bin stolz auf mich, dass ich weg von der Szene bin, aber ein bisschen Angst ist da immer. Einmal drogenkrank, immer drogenkrank.“
14 Jahre Suchterkrankung, sieben Jahre Obdachlosigkeit und insgesamt sechs Jahre Knast hat der ehemalige Hinz&Künztler hinter sich. Seit zwölf Jahren ist er weg von den Drogen, wieder fest auf dem ersten Arbeitsmarkt angekommen und verheiratet.
Zum Rundgang für die Polizeischüler:innen kam es, weil Richard Andre Fuchte kennenlernte, den bürgernahen Beamten von St. Georg. Im Gespräch Anfang des Jahres entstand die Idee, die Schüler:innen der Polizeiakademie für den Umgang mit Suchtkranken und Obdachlosen zu sensibilisieren. So hielt der 56-jährige ehemalige Hinz&Künztler in einer Projektwoche Vorträge und führte die jungen Erwachsenen durch die Innenstadt, zeigte unter anderem Anlaufstellen für Obdachlose. „Das ist mir eine Herzensangelegenheit, denn das Feingefühl kommt von Erfahrung“, sagt Richard.