Hinz&Künztler Nickolas wurde im Schlaf in der Hamburger Innenstadt überfallen und verprügelt. Er ist einer von vielen: In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der Angriffe auf Obdachlose in Deutschland mehr als verdreifacht.
Nickolas schreckt im Schlaf hoch, ein Tritt trifft ihn an der Seite. Reflexhaft reißt der Obdachlose einen Arm hoch, hält ihn schützend über den Kopf und versucht, mit der anderen Hand seinen Schlafsack zu öffnen. Zu spät. Ein Fuß trifft ihn mit voller Wucht in der Seite. Seine Peiniger lachen, machen Witze. Wieder ein Tritt. Noch einer. Es hört nicht auf. Nickolas krümmt sich zusammen und reißt den Schlafsack halb auf. Ein gefundenes Fressen für die Angreifer. Sie reißen ihm die Schuhe von den Füßen, schnappen seinen Rucksack und rennen lachend und johlend davon.
Als die Stimmen endlich verklungen sind, richtet sich Nickolas langsam auf. „Mir tat alles weh“, erinnert sich der Hinz&Kunzt-Verkäufer. Mitten in der Nacht habe er sich auf Socken von seinem Schlafplatz bei „Saturn“ in der Mönckebergstraße bis zur Bahnhofsmission am Hauptbahnhof geschleppt. Dort erhielt er Schuhe. „Dann bin ich weiter zum AK St. Georg.“
Stunden später wird er entlassen. Die Diagnose: zwei gebrochene Rippen, zahlreiche Prellungen und eine große Portion Glück, dass die Lunge nicht in Mitleidenschaft gezogen wurde. Ein Krankenpfleger gibt ihm noch eine Hand voll Schmerzmittel mit auf den Weg, dann geht es zurück auf die Straße. Die Sonne scheint.
Nickolas muss erst einmal verarbeiten, was ihm widerfahren ist. Statt zu den Schmerzmitteln zu greifen, stolpert er in den nächstbesten Kiosk. „Da habe ich mir eine ordentliche Flasche Wodka gegönnt“, sagt Nickolas und schmunzelt gequält.