Hochbahn und S-Bahn
Fast 3000 Bußgelder wegen Betteln verhängt

S-Bahn am Berliner Tor in Hamburg. Foto: BBU

Sanktionen gegen Bettelnde im Hamburger Verkehrsverbund soll es auch weiterhin geben. Wieso die dafür verhängten Bußgelder allerdings in der Regel nicht bezahlt werden müssen.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Allein in den vergangenen zwölf Monaten wurden fast 3000 Bußgelder wegen Bettelns und Musizieren von der Hochbahn und Deutschen Bahn erhoben. So viele wie in 2022 und 2023 zusammengerechnet. Das geht aus Anfragen der Linksfraktion an den Hamburger Senat hervor.

Dabei handle man bei Kontrollen im Nahverkehr „mit Augenmaß“, teilte ein Sprecher der Hochbahn gegenüber Hinz&Kunzt mit. Für das Jahr 2024 listet allein sein Unternehmen trotzdem 1923 Verstöße gegen das Bettelverbot auf. Bezahlt wurde aber nur in 24 Fällen. „Wer nicht zahlungsfähig ist, zahlt im Zweifel auch nicht“, teilte die Hochbahn bereits im Herbst 2024 auf Hinz&Kunzt-Nachfrage mit.

Dass Hoch- und S-Bahn trotzdem weiterhin gegen bettelende Menschen im Hamburger Nahverkehr vorgehen, kritisiert jetzt die Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft als „zutiefst unsoziales und ordnungspolitisch motiviertes Vorgehen.“ Die sozialpolitische Sprecherin Olga Fritzsche sagt: „Es kriminalisiert Armut, statt sie zu bekämpfen“.

Hochbahn will abschrecken, nicht strafen

Während die Deutsche Bahn keine Angaben macht, wie viele Bußgeldverfahren an Inkassounternehmen abgetreten wurden, weist die Hochbahn den Vorwurf der Linken, dass man „das Geld von den Falschen“ nehme, deutlich zurück. Es gehe nicht darum, die Bußgelder einzutreiben. Ob Zahlungen eingehen, sei für das Unternehmen „nicht wichtig“: „Entscheidend für uns ist, dass es eine Verringerung des Bettelns in den Fahrgastbereichen gibt“, sagt das Unternehmen auf Hinz&Kunzt-Nachfrage.

René gegen den HVV
Klage gegen Bettelverbot
René gegen den HVV
Weil er in der U-Bahn bettelt, soll ein Wohnungsloser immer wieder Strafen zahlen. Dagegen zieht er nun mit Unterstützung vor Gericht. Ein Präzedenzfall.

Ein Beleg dafür könnte sein, dass im ersten Quartal 2025 nur noch 351 Bußgelder durch die Hochbahn verhängt wurden. Als die Hochbahn im zweiten Quartal 2024 ihre Kontrollen verschärft hatte, wurden innerhalb von drei Monaten 571 Bußgelder verhängt.

Ende März hat Hinz&Künztler René mit Unterstützung der Gesellschaft für Freiheitsrechte eine Klage gegen das Bettelverbot im öffentlichen Nahverkehr eingereicht. Seine Anwältin sieht durch das Verbot seine Grund- und Menschenrechte verletzt – wozu auch das Recht gehöre, andere anzusprechen und um Unterstützung zu bitten, wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden hat.

Die rot-grüne Stadtregierung will den harten Kurs gegen Bettelnde weiter fortsetzen – „mit den erforderlichen Kontrollen und Sanktionen“, wie es im Koalitionsvertrag heißt.

Autor:in
Jonas Füllner
Jonas Füllner
Seit 2013 bei Hinz&Kunzt - erst als Volontär und inzwischen als angestellter Redakteur.

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