Reetwerder : Stadt fordert mehr als 30.000 Euro von Abzock-Vermieterin

Im Mai 2018 brennt es im Reetwerder 3. Die Stadt erklärt das Haus für unbewohnbar. 187 Menschen müssen Hals über Kopf das Haus verlassen. Foto: Jonas Füllner

Acht Monate nach der Räumung eines Mehrfamilienhauses in Bergedorf fordert die Stadt jetzt Geld von der Vermieterin. Es geht um Schadenersatz und möglichen Mietwucher.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Die Stadt will die Abzock-Vermieterin vom Reetwerder zur Kasse bitten: Mehr als 30.000 Euro Schadenersatz fordert sie allein für eine dreiköpfige Familie, die seit acht Monaten in einer städtischen Unterkunft leben muss. Zahlt die Vermieterin das Geld bis zum Abend des heutigen Montags nicht, gehe die Sache vor Gericht, so Martin Helfrich, Sprecher der Sozialbehörde, gegenüber Hinz&Kunzt. „Dann wird Klage erhoben.“

Mutmaßlich ein Fall von Mietwucher

Die Familie hatte zuvor in einem Mehrfamilienhaus im Bergedorfer Reetwerder gewohnt und der Vermieterin dort pro Kopf und Monat 500 Euro für ein 26-Quadratmeter-Zimmer bezahlt – mutmaßlich ein klarer Fall von Mietwucher. Nach einem Schwelbrand von Elektroleitungen hatte das Bezirksamt das Haus vergangenen Mai für unbewohnbar erklärt und räumen lassen. Seitdem steht es leer.

Bergedorf
Stillstand im Reetwerder
Auch fünf Monate nach der Räumung des Reetwerder 3 sieht die Stadt keine Möglichkeit, den andauernden Leerstand zu beenden: Das Wohnraumschutzgesetz greift angeblich nicht.

Gut die Hälfte der 187 vorwiegend aus Rumänien stammenden ehemaligen Bewohner des stattlichen Altbaus in der Bergedorfer Innenstadt lebt seit der Räumung in städtischen Unterkünften. Die Stadt fordere zuviel gezahlte Mieten ebenso zurück wie bisher entstandene und künftige Mehrkosten für die Unterbringung der Familie, erklärte die Sozialbehörde. Das Schreiben des Anwalts sei dabei „exemplarisch“ zu sehen: „Forderungen weiterer ausgebeuteter Mieterinnen und Mieter werden folgen.“

Eigentümerwechsel durch Zwangsversteigerung?

Sowohl die Eigentümerin des Hauses als auch die Vermieterin weigern sich beharrlich, das Haus wieder instandsetzen zu lassen – und die Stadt schaut dem tatenlos zu. Begründung der Behörden: Das Wohnraumschutzgesetz greife in diesem Fall nicht, weshalb die Stadt auch keinen Treuhänder einsetzen könne. Ausschlaggebend dürfte ein anderer Grund sein: Weil die Eigentümerin offenbar hohe Schulden hat, läuft ein Zwangsversteigerungsverfahren. „Wir hoffen auf einen Verkauf und Gespräche mit einem neuen Eigentümer“, teilt Bezirksamtsleiter Arne Dornquast (SPD) gegenüber Hinz&Kunzt mit.

Derweil warten die Mieter seit nunmehr acht Monaten darauf, in ihre Wohnungen zurückkehren zu können. Mindestens ebenso skandalös: Den Großteil ihres Hab und Guts werden sie vielleicht nie wiedersehen, weil die Vermieterin dieses offenbar wahllos in rund 500 Müllsäcke stopfen ließ und seitdem den Zugang zum Haus verweigert – allen Klagen und Gerichtsurteilen zum Trotz.

 

Autor:in
Jonas Füllner
Jonas Füllner
Studium der Germanistik und Sozialwissenschaft an der Universität Hamburg. Seit 2013 bei Hinz&Kunzt - erst als Volontär und inzwischen als angestellter Redakteur.

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