Kommentar : Kein Alkohol ist auch keine Lösung

Am Hamburger Hauptbahnhof will der Senat in Zukunft ein Waffen- und Alkoholkonsumverbot umsetzen. Ein Kommentar von Hinz&Kunzt-Redakteur Jonas Füllner.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Waffen haben für mich nirgendwo etwas zu suchen. Deswegen erschien mir ein Verbot am Hauptbahnhof zunächst unproblematisch – im Vergleich zum ­Alkoholverbot. Da schrillten bei mir gleich die Alarmglocken, und Erinnerungen an 2012 kamen hoch, als unter dem überdachten Bahnhofsvorplatz die Trinker­szene vertrieben werden sollte.

Seitdem wird ein paar Meter ­weiter getrunken. Die Zahl der ­Gewaltdelikte hingegen blieb hoch. Und jetzt sollen weitere Verbote die Lösung sein? 

Damit lassen sich vielleicht ­Symptome, aber nicht Ursachen von Armut und Sucht bekämpfen. Dabei ist es eigentlich ganz einfach: Suchtkranken Obdachlosen hilft man nicht, indem man ihnen den Zugang zu Rauschmitteln verwehrt, sondern mit einem Dach über dem Kopf und aus­reichend Therapieangeboten. Dafür wäre ein Umdenken dringend nötig. Beim großen Umbau des Hauptbahnhofs sollten nicht nur schöne Fassaden entworfen ­werden, sondern auch bessere Hilfen für Obdachlose und Suchtkranke. Denn diese Menschen werden sich weiterhin hier auf­halten – weil sich um die Ecke ­ihre Beratungsstellen befinden und der Bahnhof ihr Treffpunkt ist. Bislang gibt es für sie nicht mal Sitzbänke.

Artikel aus der Ausgabe:

Verloren in der digitalen Welt

Digital ist schneller, einfacher, besser? Nicht unbedingt, wie unser Schwerpunkt zur Digitalisierung und den Problemen der Teilhabe deutlich macht. Außerdem: In einem ehemalige Hotel im Wienerwald bekommen Obdachlose wieder Boden unter den Füßen – mithilfe von eigensinnigem Federvieh. Und: Warum ein Graffiti auf dem Kemal-Altun-Platz in Ottensen von niemandem angetastet wird.

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Autor:in
Jonas Füllner
Jonas Füllner
Studium der Germanistik und Sozialwissenschaft an der Universität Hamburg. Seit 2013 bei Hinz&Kunzt - erst als Volontär und inzwischen als angestellter Redakteur.

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