Hitze : Trinkwasserspender dringend gesucht

Eine von vier Wassersäulen, die Hamburg Wasser betreibt. Foto: SIM

Die hohen Temperaturen belasten Obdachlose gesundheitlich. Umso wichtiger wäre der Zugang zu kostenlosem Trinkwasser. Doch das Angebot an öffentlichen Wasserspendern ist äußerst überschaubar.

Hinz&Kunzt Randnotizen

Freitags informieren wir per Mail über die Nachrichten der Woche:

Die Temperaturen steigen und umso wichtiger wird damit die Frage, wo obdachlose Menschen in Hamburg kostenlos an Trinkwasser kommen. Ein Blick auf das städtische Angebot ist ernüchternd: Für 1,8 Millionen Einwohner stehen vier öffentlichen Trinkwassersäulen bereit, die von Hamburg Wasser betrieben werden. Hinzu kommen 23 Zapfanlagen an öffentlichen Toiletten der Stadtreinigung – macht in Summe 27. Zum Vergleich: In Wien, das nur wenig mehr Einwohner:innen hat, gibt es rund 1300 öffentliche Trinkwasserspender. Berlin hat 196, München 60 und Frankfurt immerhin noch 44.

Trinkwasser für Obdachlose

Neben den regelmäßigen Verteilaktionen der Bergedorfer Engel, des Hamburger Gabenzauns und der Gruppe Hamburger Obdachlose organisiert die Karin und Walter Blüchert Gedächtnisstiftung mit vielen Partnerinnen (Pfand gehört daneben, Fritz Kola, Hanseatic Help u.a.) auch dieses Jahr die Aktion #hitzehilfe. Am Mittwoch, 13.7. gibt es eine Trinkwasserausgabe am Bahnhof Altona und der Reeperbahn (15-18 Uhr). Mehr Infos über Trinkwasserverteilungen in unserer Übersicht.

David Kappenberg, Sprecher der Umweltbehörde, verweist darauf, dass die Trinkwasserversorgung über die verschiedenen Einrichtungen der Wohlfahrtspflege und Essensausgabestellen der Stadt „grundsätzlich sichergestellt“ sei, aber: „Es ist wichtig, das Trinkwasserangebot im öffentlichen Raum so zu verbessern, dass sich auch Personen ohne festen Wohnsitz noch besser als zur Zeit kostenlos mit Wasser versorgen können“, so der Sprecher.

Suche nach weiteren Standorten

Hamburg Wasser suche derzeit nach weiteren Standorten, parallel dazu soll das bisherige Wassersäulenmodell „optimiert“ werden. Bei einer Hinz&Kunzt-Momentaufnahme an den zwei Alster-Wassersäulen nutzten Jogger:innen und Spaziergänger:innen das Angebot – Obdachlose waren weit und breit nicht zu sehen.

„Das Problem ist, dass sie dort gar nicht hin kommen. Das wird nur selten genutzt“, sagt Thorsten Bassenberg von der privaten Hilfsorganisation Bergedorfer Engel. An heißen Tagen verteilen die Ehrenamtlichen bis zu 500 Wasserflaschen pro Tag. „Und das sind nur wir. Wenn man die anderen Helfer:innen dazuzählt, kommt man ganz schnell auf astronomische Zahlen“, so Bassenberg.

Blue Community

Seit März ist Hamburg Mitglied in der so genannten Blue Community. Die internationale Initiative verpflichtet sich unter anderen, den Zugang zu Trinkwasser als Menschenrecht anzuerkennen. Beschleunigt werden könnte das Ziel durch die Umsetzung der aktuellen EU-Trinkwasser-Richtlinie in deutsches Recht. Dadurch sind Städte künftig rechtlich verpflichtet, den Zugang zu Trinkwasser für die Bevölkerung zu verbessern und auch im öffentlichen Raum Trinkwasser im Innen- und Außenbereich bereitzustellen. Stichtag für die Umsetzung ist der 12.1.2023

Am Hauptbahnhof, wo sich viele Obdachlose aufhalten, gibt es zur Trinkwasserversorgung moderne öffentlichen Toiletten: „Die haben einen Außenwasserhahn, an dem sich obdachlose Menschen ihre Flaschen ausspülen und nachfüllen“, sagt Eva Masoumi, stellvertretende Leiterin der Bahnhofmission. Die Stadtreinigung plant 27 weitere dieser Toiletten mit Trinkwasserspendern bis zum Jahr 2027.

Wenn man sich heute schnell einen Überblick darüber verschaffen will, wo diese zu finden sind, gibt es einen „Toilettenfinder“ online. Hier muss man sich jedoch einzeln durch die Ausstattungsmerkmale klicken, um zu erkennen, wo auch Trinkwasser sprudelt. „Eine Online-Übersicht über alle Anlagen mit Trinkwasserbrunnen gibt es nicht“, sagt ein Sprecher der Stadtreinigung auf Hinz&Kunzt-Nachfrage. Daran werde jedoch gearbeitet.

Autor:in
Simone Deckner
Simone Deckner
Simone Deckner ist freie Journalistin mit den Schwerpunkten Kultur, Gesellschaft und Soziales. Seit 2011 arbeitet sie bei Hinz&Kunzt: sowohl online als auch fürs Heft.

Weitere Artikel zum Thema