Tod auf der Straße : Zaun vertreibt Obdachlose nach Todesfall

Unter diesem Vordach ist kürzlich ein Obdachloser verstorben. Nun versperrt ein Zaun den Zugang. Foto: Ulrich Jonas

Sechs tote Obdachlose sind im Januar in Hamburg gefunden worden – mindestens. In einem Fall hält am Sterbeort nun ein Zaun Obdachlose unter einem Vordach fern.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Und wieder eine neue traurige Zahl: Wie Hinz&Kunzt-Recherchen ergaben, sind allein im Januar mindestens sechs tote Obdachlose in Hamburg gefunden worden. Der erste Todesfall ereignete sich an Neujahr: Ein 45-Jähriger verstarb im Krankenhaus, nachdem Rettungskräfte ihn „mit akuten Krankheitsbeschwerden eingeliefert“ hatten, so die Staatsanwaltschaft. Der Mann habe „unter verschiedenen Vorerkrankungen“ gelitten, hieß es weiter.  

Zwei weitere Obdachlose verstarben im Januar kurz nach ihrer Einlieferung ins Krankenhaus. Für einen Mann auf der Reeperbahn hatten Passanten am 14. Januar einen Rettungswagen gerufen – die Hilfe kam jedoch zu spät. Am 23. Januar verstarb dann eine 58-Jährige, nachdem Vorbeigehende sie „in sitzender Haltung“ in der Innenstadt angefunden und Rettungskräfte herbeigerufen hatten. Eine eindeutige Todesursache habe bislang nicht festgestellt werden können, so die Staatsanwaltschaft. 

Verwesene Leiche in Billbrook gefunden

Ein erst 24-Jähriger verstarb Mitte Januar nahe des Michels. Die Todesursache wird laut Staatsanwaltschaft noch im Institut für Rechtsmedizin ermittelt. Der Mann hatte gemeinsam mit anderen Obdachlosen unter dem Vordach eines Bürogebäudes Platte gemacht. Nachdem dort zunächst Kerzen und Blumen an den Verstorbenen erinnerten, hat die Eigentümerin des Gebäudes, die Baloise (vormals Basler Versicherungen), den Arkadengang inzwischen einzäunen lassen. Der Zugang unter das Vordach ist nun nur noch durch zwei abschließbare Türen möglich.  

Die Baloise erklärte auf Nachfrage dazu, die Maßnahme sei seit Längerem geplant gewesen. „Wir haben viele Nachfragen nach Fahrradstellplätzen von unseren Gewerbemietern“, so eine Sprecherin. Deshalb habe die Versicherung dort „einen geschützten Bereich für die Fahrräder“ geschaffen. Seit vergangenem Jahr habe dort ein Bauzaun gestanden, jedoch habe es bei den Arbeiten Verzögerungen gegeben. „Die Obdachlosen hatten einen Weg gefunden, den Bereich trotz Bauzaun als Schlafplatz zu nutzen. Wir haben dies toleriert.“ Nun werde ihnen „der Platz leider nicht mehr zur Verfügung stehen können“. 

Über zwei weitere Todesfälle im Januar hatte Hinz&Kunzt bereits berichtet: An einem Kanal in Billbrook und beim Abbau eines Weihnachtsmarktes auf St. Pauli wurde jeweils eine Leiche eines Obdachlosen entdeckt. Vergangenes Jahr sind mindestens 24 Obdachlose in Hamburg verstorben. Zuletzt war ein 58-Jähriger im Dezember im Krankenhaus gestorben, nachdem er eine Woche zuvor bewusstlos und unterkühlt vor einem Supermarkt am Steindamm aufgefunden worden war.

Korrekturhinweis: Wir hatten zunächst berichtet, es seien im Januar „mindestens sechs Obdachlose auf Hamburgs Straßen“ verstorben. Das war nicht korrekt: Einige starben im Krankenhaus, der Leichnam in Billbrook lag dort schon längere Zeit. Wir haben den Fehler korrigiert.

Autor:in
Ulrich Jonas
Ulrich Jonas
Ulrich Jonas schreibt seit vielen Jahren für Hinz&Kunzt - seit 2022 als angestellter Redakteur.

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