Kolonialismus

Straße erinnert jetzt an Opfer statt an Täter

Zwei Straßenschilder, "Woermannsweg" ist mit Klebeband überklebt, darüber steht "Louisa-Kamana-Weg"
Zwei Straßenschilder, "Woermannsweg" ist mit Klebeband überklebt, darüber steht "Louisa-Kamana-Weg"
Der Woermannsweg war einmal. Foto: Arbeitskreis Hamburg Postkolonial

Statt an den Reeder Adolph Woermann erinnern eine Straße und ein Weg in Hamburg jetzt an zwei Opfer des deutschen Kolonialismus. Am Wochenende wird die Umbenennung gefeiert.

Hinz&Kunzt Randnotizen

Freitags informieren wir per Mail über die Nachrichten der Woche:

In Hamburg erinnert keine Straße mehr an den Kolonialisten und Reeder Adolph Woermann. Die Schilder des ehemaligen Woermannswegs und Woermannstiegs nahe der Fuhlsbütteler Schleuse an der Alster tragen jetzt die Namen des Kolonialismusopfers Louisa Kamana und des Widerstandskämpfers Cornelius Fredericks. Die Senatskommission zur Benennung von Verkehrsflächen hatte auf Vorschlag des Bezirks Hamburg-Nord die Umbenennungen beschlossen. Angehörige und Initiativen hatten jahrelang darauf gedrängt.

„Endlich ehren wir hier nicht mehr einen Menschen, der an kolonialen Verbrechen beteiligt war und maßgeblich vom Kolonialismus profitierte“, sagte Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda bereits vergangenen November anlässlich eines Senatsempfangs für einen Nachfahren Fredericks. „Stattdessen werden wir künftig an zwei Personen erinnern, die unter den deutschen Verbrechen in Namibia zu leiden hatten und stellvertretend für die unzähligen Opfer der Kolonialverbrechen stehen.“

Zwei Männer stehen im Hamburger Rathaus und halten ein Straßenschild mit der Aufschrift "Cornelius-Fredericks-Stieg" hoch.
Fredericks-Nachfahre Cornelius Frederick und Kultursenator Carsten Brosda. Foto: Marcelo Hernandez für Behörde für Kultur und Medien

Neue Straßennamen erinnern an Widerstandskämpfer und Mordopfer

Cornelius Fredericks verwickelte die deutsche „Schutztruppe“ als Widerstandskämpfer in einen Guerillakrieg. Er wurde anschließend in ein Konzentrationslager deportiert und starb dort. Louisa Kamana und ihr Neugeborenes wurden von einem Deutschen erschossen, nachdem sie sich gegen eine Vergewaltigung gewehrt hatte.

Kolonialhauptstadt Hamburg
Kolonialgeschichte
Kolonialhauptstadt Hamburg
Schnaps für Westafrika, ein Platz an der Sonne und warum August Bebel ein Held war: Der Autor Dietmar Pieper erzählt so packend wie klug von der Kolonialgeschichte Hamburgs.

Die Umbenennung stößt bei Betroffenenverbänden und Aktivist:innen auf Zustimmung. „Eine Straße nach Louisa Kamana in Hamburg zu benennen, ist ein starkes Statement – nicht zuletzt angesichts der bedeutenden Rolle, die die Stadt und insbesondere Adolph Woermann bei der Ermöglichung und dem Nutzen des Völkermords gespielt haben“, sagte Kavemuii Murangi vom „Ovaherero/Mbanderu and Nama Genocides Institute“ aus den USA. Ida Hoffmann vom „Nama Genocide Technical Committee“ aus Namibia ergänzte, die Ehrung Fredericks sei „ein erster Schritt in der Veränderung der kolonialen Erinnerungskultur im öffentlichen Raum Hamburgs.“

Der Arbeitskreis Hamburg Postkolonial feiert die Umbenennung an diesem Wochenende mit einer Veranstaltung auf Kampnagel und einem Fest mit Musik, Poetry, Reden und afrikanischen Speisen. Mehr Informationen auf der Webseite von Kampnagel.

Artikel aus der Ausgabe:
Ausgabe 391

Armes reiches Hamburg

Wo sich Arm und Reich in Hamburg besonders nah sind, wann Väter und Söhne Händchen halten und was ein Dokumentarfilm über den Umgang mit Opfern rassistischer Gewalt erzählt.

Ausgabe ansehen
Autor:in
Benjamin Buchholz
Benjamin Buchholz
Seit 2012 bei Hinz&Kunzt. Redakteur und CvD für das Onlinemagazin.

Weitere Artikel zum Thema