Echte Rapper, echtes Mikro!

Gerade erst haben die Dynamite Brothers den Audio-Wettbewerb von Audiyou und Hinz&Kunzt gewonnen und bei der Preisverleihung ihr großes Vorbild getroffen: den Hip-Hop-Star Samy Deluxe. Jetzt standen die beiden jungen Nachwuchs-Rapper das erste Mal in einem richtigen Tonstudio.

(aus Hinz&Kunzt 211/September 2010)

Echte Stars kommen immer zu spät. Die Termine, die Hektik, die kreischenden Fans. Das kennt man ja. Aber auch Nachwuchs-Künstler, die mit ihrer Musik gerade erst angefangen haben, lassen manchmal ganz schön auf sich warten: Geschlagene 45 Minuten zu spät kommen Abdulai Abaker und Jon Looft, die beiden „Dynamite Brothers“, zum Eimsbüttler Tonstudio „Basis Recording“ geradelt. „Was? Unser Termin war schon um drei?“ Jon ist erstaunt. „Upps“, sagt Abdulai nur. Das ist den beiden 14-Jährigen jetzt ein bisschen peinlich. Verlegen rücken sie ihre Käppis zurecht.

Zehn Minuten später ist die Verspätung vergessen. Jon und Abdulai stehen vor einem riesigen Mikrofon und legen mächtig los. Die Jungs rappen so professionell und konzentriert, als hätten sie seit Jahren nichts anderes gemacht. Der Rhythmus stimmt, jede Zeile sitzt. Dabei stehen sie gerade das erste Mal in ihrem Leben in einem Tonstudio. Sie spielen ihren Song „Stell dir vor“ ein, mit dem sie einen Audio-Wettbewerb von Hinz&Kunzt gewonnen haben. Bei der Preis­verleihung haben sie sogar eins ihrer Idole getroffen: den Hamburger Rapper Samy Deluxe (siehe Hinz&Kunzt 208/Juni 2010).

Abdulai und Jon arbeiten bereits an einem neuen Lied. Es soll „Warum?“ heißen. Hoffentlich wird der Song bald fertig: Mitte September brauchen die Dynamite Brothers ihn für einen Auftritt auf einem Dorffest im Alten Land.
Abdulai und Jon arbeiten bereits an einem neuen Lied. Es soll „Warum?“ heißen. Hoffentlich wird der Song bald fertig: Mitte September brauchen die Dynamite Brothers ihn für einen Auftritt auf einem Dorffest im Alten Land.

In ihrem Lied erzählen sie vom harten Leben eines Obdachlosen auf der Straße, von Kälte und sozialer Ausgrenzung. Vorher hatten sie nie mit einem Obdachlosen gesprochen. „Wir haben uns überlegt, wie es denen wohl geht“, sagt Abdulai. „Das war für mich etwas ganz Fremdes, weil es für mich ja kein Luxus ist, eine Wohnung zu haben.“ Viele Menschen dächten sicher, sie hätten selbst nicht viel Geld und Obdachlosen ginge es auch nicht viel schlechter, sagt Abdulai. „Aber im Gegensatz zu einem Obdachlosen hat man schon ganz schön viel.“

Am Mischpult kommt Alexander Precht derweil aus dem Staunen nicht mehr heraus. Der Toningenieur, der auch Betreiber des Tonstudios „Basis Recordings“ ist, sitzt hinter den Reglern und nickt im Takt. „Ich hatte ja schon viele Rapper hier, auch jüngere“, sagt er anerkennend. „Aber in eurem Alter seid ihr definitiv die Besten, die ich hier bisher aufgenommen habe. So muss das.“

Jon und Abdulai grinsen. Sie freuen sich über das Lob. Denn auch wenn sie sich mit Hip-Hop auskennen und schon rappen können wie die Großen, haben sie mit dem Musik­machen erst vor Kurzem angefangen. Im letzten Jahr hat ihre Musiklehrerin die beiden Freunde dazu ermuntert, für die Weihnachtsfeier ihrer Schule einen eigenen Weihnachts-Rap zu schreiben. Damit sind sie dann vor 450 jubelnden Mitschülern aufgetreten. „Da haben wir eigentlich erst gemerkt, wie viel Spaß uns Rap macht“, sagt Jon. „Wobei ich eigentlich schon immer solche Musik höre“, wirft Abdulai ein. „Ich habe schon im Kindergarten den Auftritt vom großen Bruder eines Freundes gesehen und war begeistert. Seitdem stehe ich auf Rap.“
Ihren Weihnachts-Song und „Stell dir vor“ haben die beiden zu Hause an Abdulais Computer aufgenommen.

Abdulai hat auch die Musik ihrer Songs produziert. „Ich habe mir das Programm von einem Freund ausgeliehen und dann einfach rumprobiert“, sagt er. Daher interessiert er sich für alles, was Alexander am Computer macht. Welches Programm der Tonprofi da benutzt, will er wissen, was die ganze Technik gekostet hat und ob es schwierig ist, sich so ein Studio einzurichten. Alexander Precht erklärt bereitwillig, was Abdulai wissen will, und gerät mit den beiden Jungs richtig ins Fachsimpeln – über Stil und Soundeffekte, über Samy Deluxe und Kool Savas. Der Rapper aus Berlin ist neben Samy Deluxe Jons und Abdulais großes Vorbild. Warum? „Na weil er der King ist, der Beste“, sagt Jon. Und dann lacht er schelmisch: „Nach uns natürlich.“ Ein gesundes Selbstbewusstsein scheint im Hip-Hop eine zentrale Tugend zu sein.

Der erste Durchgang des Songs ist mittlerweile im Kasten. Einige Stellen müssen noch mal aufgenommen werden, und im Refrain fehlt Alexander die richtige Betonung. Nach einer Stunde ist „Stell dir vor“ fertig. Jon und Abdulai sind stolz, Alexander lacht. „Irgendwann kann ich dann mal sagen: Bei mir hat ihre Karriere angefangen.“

Text: Hanning Voigts
Foto: Cornelius M. Braun

Basis Recordings ist das Tonstudio von Alexander Precht und Alexander Janetzki in Eimsbüttel. Die Toningenieure bieten professionelle Gesangs- und Sprechaufnahmen für jedermann an. Weitere Informationen und Preise im Internet unter www.basis-recordings.de

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