Sängerin Cäthe über ihre schwierige Suche nach dem richtigen Leben im schnelllebigen Musikgeschäft: Wie eine Therapie, der Hartz-IV-Antrag und ihre neue Mutterrolle dabei halfen.
Kämpfen gehört einfach zum Leben dazu. Die Frage ist: Wie gehe ich damit um?“, sagt Cäthe und atmet deutlich hörbar aus. Die 40-Jährige ist aus Berlin per Videocall zugeschaltet. Durch den Laptop-Lautsprecher klingt ihre Stimme weicher als wenn sie singt. Das markant Aufgeraute hört man trotzdem durch, gefühlt: Sandpapier, mittelgrobe Körnung. Wir wollen mit Cäthe darüber sprechen, warum es sieben Jahre lang so still um sie gewesen ist (Spoiler: Sie ist Mutter geworden). Wir wollen zudem über das Buch sprechen, das die Autorin Alexandra Helena Becht über sie geschrieben hat: „Lügen ist scheiße“, heißt es und erzählt in situativen Etappen über den Musik- und Lebensweg der Frau, die mit bürgerlichem Namen Catharina Sieland heißt.
In dem Buch lässt Cäthe ziemlich die Hosen herunter, nichts mehr mit Popstar-Glamour: Sie erzählt von ihrer Angststörung, dem Bruch mit dem Musikbusiness und dem Moment, in dem ihr klar wird: Ich muss jetzt Hartz IV beantragen, um über die Runden zu kommen.
Rückblick: Nachdem sie in Hamburg erfolgreich den „Popkurs“ absolviert hat, kracht Cäthe 2011 mit ihrem Debüt in die deutschsprachige Musikszene. Der Titel ihres ersten Albums ist typisch für die Frau mit der heftigen Ausstrahlung: „Ich muss gar nichts“. Cäthe brennt, hat Energie für zehn. Manche sehen in ihr schon „die nächste Nina Hagen“. Ein Konzertbesucher vermutet nach einem Gig lautstark, dass sie „sicher auf Koks ist“. Aber Cäthe ist nicht auf Koks, sie ist nur auf Cäthe: leidenschaftlich, umtriebig, stets auf Vollgas. Sie sahnt Musikpreise ab, spielt mit den Scorpions und Bryan Adams und tourt unaufhörlich. Das hätte ewig so weitergehen können …
Doch 2016 sitzt sie in einem Hamburger Musikverlag und fühlt sich hundeelend: Es heißt, sie brauche „jetzt endlich mal einen Hit“. Cäthe antwortet trotzig: „Ich habe Hits geschrieben.“ Die Antwort: „Fast.“ Als ihr nahegelegt wird, es doch mal mit einem externen Songwriter-Team zu versuchen, hat sie genug gehört. Sie mag nicht mehr, jedenfalls nicht so. „Die Musikbranche an sich hat einfach kranke Strukturen“, sagt Cäthe rückblickend und wird ernst.