Fahren ohne Fahrschein

Hamburgerin aus dem Gefängnis freigekauft

Ein graues Gebäude mit vergitterten Fenstern.
Ein graues Gebäude mit vergitterten Fenstern.
Die Hamburger JVA Billwerder. Archivbild: Actionpress

Rund 110 Menschen aus deutschen Gefängnissen hat die Initiative „Freiheitsfonds“ am Donnerstag freigekauft. Sie waren ohne Ticket in der Bahn erwischt worden. Auch eine Frau aus Hamburg war darunter.

Der „Freiheitsfonds“ hat eine 54-jährige Frau aus der Hamburger Justizvollzugsanstalt Billwerder freigekauft. Sie sollte dort eine 50-tägige Haftstrafe absitzen, habe jedoch nach sechs Tagen ausgelöst werden können, erklärte die Initiative auf Nachfrage von Hinz&Kunzt. Sie war demnach wegen Erschleichens von Leistungen verurteilt worden, dem umstrittenen Straftatbestand für das Fahren ohne Fahrschein. Die verhängte Strafe konnte sie offenbar nicht bezahlen und musste daher eine sogenannte Ersatzfreiheitsstrafe antreten.

Insgesamt hat die Initiative nach eigenen Angaben bundesweit rund 110 Menschen am sogenannten „Freedom Day“ mit Spendengeldern ausgelöst. Mit dem Aktionstag will der Fonds Druck auf die neue Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) ausüben, den Straftatbestand abzuschaffen. „Jede dieser Haftstrafen bedeutet eine weitere Belastung für die Justiz und eine soziale Katastrophe für die Betroffenen“, sagte Freiheitsfonds-Sprecher Leonard Ihßen. „Diese Inhaftierungen kosten den Staat immense Summen und führen zu sozialer Entwurzelung statt Resozialisierung.“

Hamburg vollzieht nach einer Pause wieder Ersatzfreiheitsstrafen

Weil die Hamburger Gefängnisse stark ausgelastet sind, war der Vollzug der sogenannten Ersatzfreiheitsstrafen von Männern laut Justizbehörde seit November ausgesetzt gewesen. Seit 1. Juni würden auch männliche Verurteilte, die ihre Geldstrafe nicht bezahlt haben, wieder zum Strafantritt geladen, erklärte ein Sprecher von Justizsenatorin Anna Galina (Grüne) gegenüber Hinz&Kunzt: „Aufgeschoben heißt nicht aufgehoben“.

Was hat die Reform der Ersatzfreiheitsstrafen gebracht?
Fahren ohne Fahrschein
Was hat die Reform der Ersatzfreiheitsstrafen gebracht?
Vor allem Menschen mit wenig Geld landen im Gefängnis, weil sie ohne Ticket Bus oder Bahn gefahren sind und Geldstrafen nicht zahlen können. Wie es besser laufen könnte, zeigt das Beispiel Schweden.

Dass besonders arme Menschen von Ersatzfreiheitsstrafen betroffen sind, ist der Behörde bewusst. „In Hamburg sind wir im Rahmen unserer Möglichkeiten landesrechtlich aktiv, um die Verbüßung von Ersatzfreiheitsstrafen möglichst zu vermeiden oder jedenfalls kurz zu halten“, sagte der Sprecher. So könnten Ersatzfreiheitstrafen etwa durch gemeinnützige Arbeit im Knast verkürzt oder durch die Bewilligung von Ratenzahlung verhindert werden.

Anders als andere Städte wie Düsseldorf hat Hamburg seine Verkehrsbetriebe allerdings nicht angewiesen, auf Strafanzeigen wegen Erschleichens von Leistungen zu verzichten. Einen entsprechenden Antrag der Linksfraktion lehnte die Bürgerschaft im vergangenen Jahr ab. Immerhin: Durch eine Reform auf Bundesebene hat sich die Dauer einer Ersatzfreiheitsstrafe zuletzt halbiert.

Autor:in
Benjamin Buchholz
Benjamin Buchholz
Seit 2012 bei Hinz&Kunzt. Redakteur und CvD für das Onlinemagazin.

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