Armut : Justizausschuss stimmt gegen Aussetzung von Ersatzfreiheitsstrafen

Wer in Hamburg ohne Ticket erwischt wird und seine Geldstrafe nicht zahlen kann, landet im Knast. Die Linksfraktion wollte das mit einem Bürgerschaftsantrag ändern – erfolglos. Foto: Lukas Gilbert

Die Hamburger Fraktion Die Linke hat in einem Bürgerschaftsantrag gefordert, Ersatzfreiheitsstrafen auszusetzen. Der Justizausschuss hat diesen heute abgelehnt.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Tausende Menschen landen jedes Jahr in deutschen Gefängnissen, weil sie eine Geldstrafe nicht zahlen können, zu der sie etwa wegen des Fahrens ohne Ticket verurteilt wurden. Betroffen sind in der Regel arme Menschen, häufig Obdachlose. Die Hamburger Linksfraktion hat deshalb in einem Bürgerschaftsantrag gefordert, dass sich der Hamburger Senat auf Bundesebene für eine Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafen einsetzt. Bis dahin, so der Antrag weiter, solle die Hamburger Staatsanwaltschaft auf die Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen verzichten.

SPD, Grüne, CDU und AfD stimmten im Justizausschuss der Bürgerschaft am Donnerstag gegen den Antrag. Justizsenatorin Anna Galina (Grüne) erklärte in der Debatte, dass in Hamburg unter anderem die aufsuchende Sozialarbeit ausgebaut worden sei, um Ersatzfreiheitsstrafen zu vermeiden. Zudem verwies sie darauf, dass auf Bundesebene bereits eine Reform beschlossen ist.

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Der deutsche Staat sperrt jedes Jahr Tausende Menschen weg, weil sie Geldstrafen nicht zahlen können. Hinz&Kunzt-Verkäufer Thomas ist einer von ihnen.

Im Februar tritt ein Gesetz in Kraft, das den Umrechnungsmaßstab für solche Haftstrafen ändert. Die Folge: Ersatzfreiheitsstrafen sind künftig nur noch halb so lang wie bisher. Außerdem plant Justizminister Marco Buschmann (FDP) eine Herabstufung der Ersatzfreiheitsstrafen von der Straftat zur Ordnungswidrigkeit. Dann verhängte Bußgelder würden dann kein Strafverfahren mehr nach sich ziehen, Betroffene könnten aber weiterhin im Gefängnis landen, wenn sie ihr Bußgeld nicht zahlen (können).

Dass Landespolitik nicht auf die Bundespolitik warten muss, zeigt derweil Bremen. Der dortige Senat hat die örtlichen Verkehrsbetriebe angewiesen, keine Strafanzeigen wegen des Fahrens ohne Ticket mehr zu stellen. Eine ähnliche Initiative gibt es auch in Düsseldorf. 

Autor:in
Lukas Gilbert
Lukas Gilbert
Studium der Politikwissenschaft in Hamburg und Leipzig. Seit 2019 bei Hinz&Kunzt. Zunächst als Volontär, seit September 2021 als Redakteur.

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