Österreich : Bettelverbot für Salzburger Altstadt

Die Stadt Salzburg hat in den Flaniermeilen der Altstadt das Betteln verboten. Verstöße können seit Juni mit einer Geldstrafe in Höhe von 100 Euro geahndet werden. Experten bezweifeln, dass die Maßnahme nachhaltige Wirkung zeigt. Zudem steht sie rechtlich auf wackligen Füßen.

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Ein österreichischer Polizist erklärt einem Bettler, dass er neuerdings gegen ein Verbot verstößt.

Vom neuen Salzburger Bettelverbot hält Hans Steininger nichts: „Die Stadt sollte den Bürgern besser erklären, wie man mit Bettlern umgeht“, sagt der Vertriebsleiter des örtlichen Straßenmagazins „Apropos“. „Dass man sich nicht fürchten muss, wenn man von einem Bettler angesprochen wird. Dass Angst keine Lösung ist.“ Am liebsten möchte der 62-Jährige die Einheimischen in Empathie schulen, ihnen beispielsweise sagen: „Stellt euch vor, ihr würdet diesen Beruf ausüben. Wie würdet ihr das machen? Würdet ihr vielleicht auch versuchen, hinter den Menschen herzugehen und sie um eine Gabe zu bitten?“

Seit einigen Monaten streitet die 145.000-Einwohner-Stadt über Menschen, die ihre Not mit dem Sammeln von Almosen zu lindern suchen. 337 Bettler zählte die Verwaltung kürzlich in Salzburgs Straßen – für manchen ist das offenbar zu viel. Dass viele der Hilfesuchende aus Rumänien stammen, macht die Sache nicht einfacher. Laut Stadt häuften sich die Beschwerden von Bürgern, die sich belästigt fühlten.

Also hat der Gemeinderat mehrheitlich ein „sektorales Bettelverbot“ beschlossen. In den verbotenen Zonen – nicht zufällig die Touristenmeilen der Stadt – droht Bettlern deshalb eine Geldstrafe, wenn die Polizei sie bei der Arbeit erwischt. Beim ersten Mal können 100 Euro fällig werden, im Wiederholungsfall bis zu 500 Euro. Vordergründig zeigt das Verbot Wirkung, so „Apropos“-Mitarbeiter Steininger: „Man sieht keine Bettler mehr.“ An nachhaltige Effekte glaubt er allerdings nicht: „Die Menschen werden sich nicht vertreiben lassen.“

Die Verwaltung zeigt sich zufrieden: „Nach allgemeiner Wahrnehmung sind weniger Bettler in der Stadt. Es scheint, als ob sich die Zahl auf ein stadtverträgliches Maß einpendelt“, so Karl Schupfer, stellvertretender Pressesprecher der Stadt, gegenüber Hinz&Kunzt. In den ersten beiden Juni-Wochen haben Behördenmitarbeiter noch mehrsprachige Flyer verteilt, um auf das neue Verbot hinzuweisen.

Eine offenbar erfolgreiche Maßnahme: Die Landespolizeidirektion Salzburg teilte am 22. Juni auf Nachfrage mit, sie habe bislang erst zwei Strafverfügungen wegen Verstoßes gegen das Bettelverbot ausgestellt. Im ersten Fall habe es eine 31-jährige Rumänin getroffen, im zweiten einen 53-jährigen Ungarn. Die Betroffenen hätten nun zwei Wochen Zeit, Widerspruch einzulegen oder die 100 Euro zu bezahlen. Würden sie die Geldstrafe nicht leisten, drohe ihnen ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe.

Soziale Probleme lassen sich nur mit sozialen Maßnahmen lösen, erklärte die „Plattform gegen Bettelverbot“. In dem Bündnis haben sich knapp 30 Organisationen zusammengeschlossen. Sie wollen gegen die Vertreibungspolitik der Stadt vor Gericht ziehen, ein Rechtshilfefonds ist bereits eingerichtet. Eine Klage hat gute Chancen: Bereits 2012 entschied der österreichische Verfassungsgerichtshof, dass generelle Bettelverbote gegen die Verfassung verstoßen. Das Salzburger Bettelverbot stützt sich auf das Landessicherheitsgesetz des gleichnamigen Bundeslandes. Dieses stellt es Kommunen frei, das Betteln dort zu verbieten, wo „auf Grund der dort zu erwartenden Anzahl an bettelnden Personen und der örtlichen Verhältnisse zu befürchten ist, dass die Benützung des öffentlichen Orts durch andere Personen erschwert wird…“

Immerhin: Begleitend zum Verbot unterstützt die Stadt Salzburg „aufsuchende Sozialarbeit“ mit 30.000 Euro. Finanziert wird zudem ein Projekt der Diakonie in Rumänien mit 25.000 Euro. Über die Einrichtung eines Notquartiers für bis zu 50 Armutsmigranten laufen noch Verhandlungen. Hier will die Stadt 100.000 Euro pro Jahr zur Verfügung stellen. Allerdings liegt Salzburg im Vergleich zu anderen österreichischen Städten derzeit auf dem letzten Platz, was die Zahl an Notbetten für Armutsreisende angeht: Gerade mal 20 stehen für sie bereit.

Text: Ulrich Jonas
Foto: Salzburger Nachrichten / Robert Ratzer