Gesetzentwurf : Schärfere Regeln für Leiharbeit und Werkverträge geplant

Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD)will den Einsatz von Leiharbeitern auf höchstens 18 Monate begrenzen. Hamburgs DGB-Vorsitzende Katja Karger begrüßt die Vorschläge, fordert aber Nachbesserungen.

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Leiharbeiter (Symbolbild) sollen künftig nur noch 18 Monate eingesetzt werden dürfen. (Foto: Rainer Sturm/pixelio.de.)

„Grundsätzlich wunderbar, aber nicht ausreichend“: Mit diesen Worten kommentiert die Hamburger Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) Katja Karger die Pläne von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD), Leiharbeit und Werkverträge stärker zu regulieren. Nachdem sich Berichte über Missbrauch gehäuft hatten, erkannten Union und SPD Handlungsbedarf. Leiharbeiter sollten nicht mehr jahrelang im gleichen Unternehmen eingesetzt werden dürfen, Werkverträge nicht dazu genutzt werden, Scheinselbstständige zu beschäftigen und so Lohnkosten zu drücken, heißt es sinngemäß im Koalitionsvertrag.

Die nun im Gesetzentwurf vorgesehene strengere Regelung von Zeitarbeit bewertet die Hamburger DGB-Vorsitzende positiv: „Derzeit können Leiharbeiter ja endlos eingesetzt werden“, so Karger gegenüber Hinz&Kunzt. Arbeitsministerin Nahles will den Einsatz von Zeitarbeitern im Regelfall auf höchstens 18 Monate beschränken. Nur tarifgebundenen Unternehmen sollen längere Einsatzzeiten erlaubt sein. Zudem soll das Prinzip „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ künftig nach neun Monaten gelten. Ausnahmsweise sollen Arbeitgeber und Gewerkschaften diese Frist in Absprache auf zwölf Monate ausweiten dürfen.

„Diese Vorschläge begrenzen Leiharbeit und stärken gleichzeitig die Tarifpartner“, sagt Karger. Ein „großer Erfolg“ sei auch, dass Zeitarbeiter den Plänen zufolge nicht mehr als Streikbrecher eingesetzt werden dürfen. Allerdings gebe in dem Gesetzentwurf einen Schwachpunkt: „Der Arbeitgeber kann nach 18 Monaten einfach den Leiharbeitnehmer austauschen. Und genau solche Praktiken beobachten wir auch in den Betrieben.“

Gesetz soll Anfang 2017 in Kraft treten

Beim Thema Werkverträge seien Nachbesserungen nötig, so Karger: „Wir brauchen Mitbestimmungsrechte für Betriebsräte.“ Im Gesetzentwurf des Arbeitsministeriums findet sich diese Gewerkschaftsforderung nicht wieder. Stattdessen ist lediglich vorgesehen, dass Unternehmen Betriebsräte über die Zahl der Werkvertragsarbeiter informieren müssen. Zudem soll ein Kriterienkatalog dem Zoll helfen, zulässige von unzulässigen Werkverträgen zu unterscheiden. Das immer wieder geforderte Verbandsklagerecht hingegen „ist in dem Entwurf leider nicht drin“, sagte Karger. Ein solches Recht würde Gewerkschaften die Möglichkeit geben, selbst gegen den Missbrauch von Werkverträgen vor Gericht zu ziehen. Bislang können sie nur einzelne Arbeitnehmer bei Klagen unterstützen, etwa wenn deren Lohn nicht korrekt berechnet wurde.

Der Gesetzentwurf war Anfang dieser Woche bekanntgeworden. Er dürfte noch einige Veränderungen erfahren und soll Medienberichten zufolge erst Anfang 2017 in Kraft treten. Damit würde sich die Bundesregierung mehr als drei Jahre Zeit nehmen, die von Union und SPD im Koalitionsvertrag versprochenen Regelungen umzusetzen. Nachfragen von Hinz&Kunzt wollte das Arbeitsministerium nicht beantworten, „da sich der Gesetzentwurf noch in der regierungsinternen Abstimmung befindet“.

Die Hamburger DGD-Vorsitzende Katja Karger. (Foto: DGB)
Die Hamburger DGD-Vorsitzende Katja Karger. (Foto: DGB)

Leiharbeiter sind bei Zeitarbeitsfirmen angestellt und werden von diesen zu Einsätzen in Unternehmen geschickt. Werkvertragsfirmen erledigen für Unternehmen sogenannte Gewerke. In der Theorie sind das klar umgrenzte Aufgaben, praktisch sind die Firmen oft in die Abläufe der Unternehmen eingebunden, für die sie tätig sind. Mitunter werden auch einzelne Arbeiter als (Schein-)Selbstständige per Werkvertrag engagiert, etwa in der Fleischindustrie.

Rund 28.000 Leiharbeiter in Hamburg

Bundesweit arbeiten rund 850.000 Menschen als Leiharbeiter, in Hamburg  sind es 28.300 (Stand: August 2015). Wie viele Menschen für Werkvertragsfirmen tätig sind, ist nicht bekannt. Allerdings dürfte ihre Zahl in den vergangenen Jahren gewachsen sein. So ist Gewerkschaftsangaben zufolge inzwischen fast jeder dritte Arbeitnehmer in der Metall- und Elektroindustrie nicht mehr regulär beschäftigt. Eine aktuelle Befragung von Betriebsräten dieser Branchen zeigt, dass zwei Drittel der Unternehmen Werkverträge nutzen, um Arbeit auszulagern – Tendenz steigend.

Auch die deutsche Fleischwirtschaft hat wegen des exzessiven Einsatzes von Werkvertragsbeschäftigten und Scheinselbstständigen einen schlechten Ruf. Wie Unternehmen Werkverträge nutzen, um ihre Ausgaben auf Kosten der Beschäftigten zu drücken, hat Hinz&Kunzt vergangenes Jahr am Beispiel einer Wurstfabrik exemplarisch erzählt .

Text: Ulrich Jonas
Teaserfoto: Rainer Sturm/pixelio.de, Peter Bisping/DGB

 

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