Pressemitteilung : Ende des Winternotprogramms für Obdachlose // Öffentliche Unterbringung kollabiert

Hamburg, 3.4.2014 Bankrotterklärung für die Unterbringung von Obdachlosen: Die öffentlichen Unterkünfte sind so überlastet, dass Obdachlose nur noch dann ein Bett bekommen, wenn es sich um besondere Härtefälle handelt. Das räumt sogar Rembert Vaerst, Geschäftsführer des zuständigen Trägers fördern und wohnen, im Gespräch mit Hinz&Kunzt ein. „Es ist so, dass wir von den Fachstellen Wohnungslose nicht in dem Umfang in öffentliche Unterbringung übernehmen können, wie wir es gerne tun würden.“ Vorrang hätten deshalb „Personen, die schon lange Wartezeiten hinter sich haben, insbesondere Familien“ und „Personen, die aus gesundheitlichen oder ähnlichen Gründen einen besonderen Bedarf haben“.

Dazu sagt Hinz&Kunzt-Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer: „Das entspricht im Prinzip einer Härtefallregelung. Das ist ein Skandal. Denn wer keinen Platz in einer öffentlichen Unterkunft findet, dem bleiben nur die ebenfalls völlig überfüllten Notunterkünfte.“

Das Gespräch mit fördern-und-wohnen-Chef Vaerst führte Hinz&Kunzt bereits vor Ende des Winternotprogramms. Die Situation hat sich jetzt noch verschärft: Seit dem 1. April sitzen rund 700 Obdachlose buchstäblich wieder auf der Straße. Darunter sind auch viele Menschen mit einem sogenannten Rechtsanspruch auf Unterbringung, denen die Stadt aber keine Unterkunft anbieten kann. Und selbst sogenannte Härtefälle mit Rechtsanspruch mussten wieder raus auf die Straße.

Hinz&Kunzt traf unter anderem einen 64-jährigen Mann aus Eritrea. Mehr als 20 Jahre hat er in Hamburg als Erzieher gearbeitet. Nach seiner Krebsdiagnose wurde er alkoholkrank, verlor Job, Wohnung und soziale Kontakte.
Ausweglos scheint auch die Lage eines 78-jährigen Türken. Er hat 49 Jahre in Hamburg gelebt und gearbeitet, unter anderem in einem Haus der Jugend. Als Rentner verlor er seine Wohnung. Die Stadt hatte für ihn gestern wie für alle Obdachlosen nur ein Angebot: das überfüllte Notasyl Pik As.

„Wir finden es sehr gut, dass die Stadt Flüchtlinge unterbringen muss und nicht auf die Straße schicken darf“, sagt Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer. „Denselben Umgang wünschen wir uns für Obdachlose, die eine Unterkunft wollen.“ Damit das klappt, müssten die Saga GWG und die Genossenschaften verpflichtet werden, jährlich mindestens 1000 Wohnungen zusätzlich für Wohnungslose zur Verfügung zu stellen. „Nur so werden wieder Plätze für Obdachlose in Unterkünften frei.“

„Glückssache Unterkunft“ – Hintergrundbericht aus der Hinz&Kunzt-Aprilausgabe und Rembert Vaerst im Videointerview: www.hinzundkunzt.de/glueckssache-unterkunft/

„Ende des Winternotprogramms – Rund 700 Menschen wieder obdachlos“ – Über Menschen, die jetzt wieder auf der Straße schlafen. www.hinzundkunzt.de/ende-wnp-2014