Erfrierungsschutz : Winternotprogramm zieht nach Hammerbrook

Die Wohncontainer im Münzviertel werden in diesem Winter nicht mehr für das Notprogramm genutzt. Dafür gibt es ein neues Gebäude in Hammerbrook. Foto: Dmitrij Leltschuk

In Hammerbrook soll in diesem Winter eine neue Notunterkunft für Obdachlose eröffnet werden. Werden dort erneut Obdachlose aus Rumänien abgewiesen werden? Wir haben nachgefragt.

Hinz&Kunzt Randnotizen

Freitags informieren wir per Mail über die Nachrichten der Woche:

Das Winternotprogramm für Obdachlose – für die Sozialbehörde war es im vergangenen Winter ein Erfolg, weil die Plätze am Schaarsteinweg und in der Münzstraße ausreichten. Die Diakonie sprach hingegen von einem „Alarmzeichen“. Denn zahlreiche in Hamburg obdachlose Rumänen waren vom Winternotprogramm abgewiesen und zur Heimreise gedrängt worden, wenn sie dort „Selbsthilfemöglichkeiten“ oder eine Wohnung hatten. 521 EU-Bürger nutzten das Ticket auf Staatskosten – viele kamen jedoch wegen der bitteren Armut im Herkunftsland wieder zurück und übernachteten in Hamburg bei Wind und Wetter auf der Straße. 

Wir wollten zum Tag der Wohnungslosen am 11. September von der Sozialbehörde wissen: Wird es im kommenden Winter erneut Personengruppen geben, die unerwünscht sind? Die Antwort von Sprecher Marcel Schweitzer fällt knapp aus: „Das Winternotprogramm steht jedem und jeder offen, außer Kindern und Jugendlichen.“ Ob das wirklich heißt, dass in diesem Winter niemand von den Notunterkünften abgewiesen wird? Wir werden es genau beobachten.

Flüchtlingsunterkunft wird Winternotprogramm

In dieses Gebäude soll das Winternotprogramm für Obdachlose einziehen – für mindestens zehn Jahre. Foto: BELA

Für das diesjährige Winternotprogramm baut die Stadt ein ehemaliges Verwaltungsgebäude in Hammerbrook von einer Flüchtlings- zur Obdachlosenunterkunft um. Der Platz, der bislang von 350 Flüchtlingen genutzt wird, muss dann für 460 Menschen reichen. Außerdem werden die Küchenbereiche in der Unterkunft verschlossen. Denn das Winternotprogramm ist eine Notunterbringung mit bewusst niedrigem Standard – und soll auch in diesem Winter nur nachts geöffnet sein.

Die Notunterkunft im Verwaltungstrakt des städtischen Unterkunftsbetreibers fördern&wohnen soll ab dem 1. November die Wohncontainer in der Münzstraße ersetzen, die einem Neubau weichen müssen. Nach häufigen Standortwechseln in den vergangenen Jahren soll das Winternotprogramm dauerhaft in dem Gebäude in der Friesenstraße 22 bleiben. Geplant ist eine Nutzungsdauer von 10 Jahren.

Zumindest im kommenden Winter soll zusätzlich wieder das Gebäude im Schaarsteinweg als Unterkunft im Winternotprogramm genutzt werden, sodass eine „vergleichbare Gesamtkapazität“ wie im Vorjahr erreicht werden kann. So schildert es Sozialsenatorin Melanie Leonhard (SPD) in einem Schreiben an den Bezirk Mitte. In den Sommermonaten sollen in dem Gebäude dann wieder Flüchtlinge und andere Wohnungslose untergebracht werden – ganztags und mit Kochgelegenheiten.

Verlängerte Öffnungszeiten – zum Wohl der Anwohner

Die Anbindung an fördern&wohnen ermögliche „bessere Betreuung der Übernachtenden als auch bessere Arbeitsbedingungen im Vergleich zu Containerlösungen“, schreibt Leonhard weiter. Auch sollen die Öffnungszeiten des Winternotprogramms an dem neuen Ort um eine halbe Stunde verlängert werden: Die Obdachlosen werden das Gebäude erst um 9.30 Uhr verlassen müssen. Jedoch nicht, damit sie nicht so früh hinaus in die Kälte müssen, sondern um die Nachbarschaft im Berufsverkehr „von einer zusätzlichen gleichzeitigen Wanderungsbewegung der obdachlosen Menschen zu entlasten“.

„Das unmittelbare Umfeld lädt nicht zum Tagesaufenthalt ein.“– Sozialsenatorin Leonhard

Leonhard schreibt weiter, dass das Umfeld der Unterkunft in der Friesenstraße „aufgrund fehlender Einkaufs- und Aufenthaltsgelegenheiten“ nicht zum Tagesaufenthalt einlade. Da es für die Obdachlosen zudem an dieser Stelle keine Tagesaufenthaltsstätte geben werde, sei „die Verfestigung einer Obdachlosenszene nicht zu befürchten.“

755 neue dauerhafte Plätze bis August

Das Winternotprogramm ist allerdings nur ein Notprogramm. Was tut die Stadt, um Obdachlosen dauerhaft und auch im Sommer zu helfen? Im Januar kündigte sie an, in diesem Jahr 1500 neue dauerhafte Unterkunftsplätze für Obdachlose zu schaffen. Das hatten Wohlfahrtsverbände und Hinz&Kunzt immer wieder gefordert. Aber gelingt es auch, so viele Plätze binnen Jahresfrist zu schaffen? Die bisherige Bilanz: Bis zum 31. Juli brachte die Sozialbehörde zusätzlich 755 Wohnungslose unter. Die Platzzahl stieg damit von 3319 zum vergangenen Jahreswechsel auf insgesamt 4027. Aktuellere Zahlen konnte die Behörde bislang nicht liefern.

Autor:in
Benjamin Laufer
Benjamin Laufer
Seit 2012 bei Hinz&Kunzt. Redakteur und CvD Digitales.

Weitere Artikel zum Thema