Er schuftet Vollzeit in einer Fabrik. Einen Platz zum Schlafen findet Adrian trotzdem nicht.
Lärm. Ohrenbetäubend, allgegenwärtig. Von links und von rechts dröhnen die Motoren unzähliger vorbeifahrender Autos, von hinten schrillen ICE-Räder auf einer nahen Eisenbahnbrücke. „Das ist meine Unterkunft“, sagt Adrian* und zeigt mit dem ausgestreckten Arm auf einen aus Holzplanken und Zeltplanen gezimmerten Verschlag. Der steht, verborgen vom Grün der Bäume und Büsche, auf einer Verkehrsinsel nahe des Hamburger Hauptbahnhofs. „Zentrale Lage“, würde ein Buchungsportal werben: Tritt der Rumäne aus seinem Unterschlupf, kann er in der Ferne sogar das Rathaus der Stadt sehen. Nur schlafen, das kann er hier wegen des Lärms drumherum kaum.
Dabei braucht der 64-Jährige so dringend Schlaf. Denn er arbeitet Vollzeit. Frühschicht, Spätschicht und manchmal auch Nachtschicht in einer Fabrik im Osten Hamburgs. An diesem August-Mittwoch sind es vier Wochen, in denen Adrian vergeblich im Verschlag nach Ruhe sucht. Bis Ende Juli hatte er ein Zimmer in einer Unterkunft, die die Stadt vergangenes Jahr eigens für Menschen wie ihn eröffnet hat: die „Pension für Arbeit suchende Zugewanderte“. Die solle auch „unverschuldet in Wohnungsnot geratenen“ Menschen helfen, so die Sozialbehörde zur Eröffnung. Drei Monate lang durfte Adrian in der Pension wohnen, erzählt er – die Zeitspanne, die Menschen nach den Regeln der Stadt längstens haben, um mit Unterstützung des Projekts eine dauerhafte Bleibe zu finden. Dann, so Adrian, habe man ihn „aufgefordert, die Schlüssel abzugeben“ – und auf die Straße geschickt.
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