Kunst-Aktion : St. Pauli-Spieler unterstützen Traumgalerie

St. Paulianer Robin HIMMELMANN mit seinem Traumbild. Foto: Witters/Gute Leude Fabrik.

Robin Himmelmann und drei weitere Fußballer vom FC St. Pauli sind frisch mit dabei in der Traumgalerie, der Kunst-Aktion für Hinz&Kunzt. Und danach: Aus der Traum? Ausgeschlafene Köpfe denken schon weiter.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Morgens, zehn Uhr in der Rindermarkthalle: Jens schlendert in seiner Hinz&Kunzt-Weste um die Ecke der Pop-up-Galerie, ruckelt an den Trennwänden aus schwarzer Gaze, schiebt sie fachmännisch beiseite und gibt den Blick frei auf ein Sammelsurium an bunten Bildern: Vorhang auf für die Traumgalerie.

Normalerweise würde Jens jetzt an seinem kleinen Empfangstisch Platz nehmen, aber so weit kommt er nicht. Kaum ist die Ausstellungsfläche offen, eilt Kundschaft auf ihn zu. Nach rund sechs Jahren als Hinz&Kunzt-Verkäufer merkt Jens sofort: Dieser Mann fackelt nicht lange. „Welches der Bilder wollen Sie haben?“, fragt er. Dominik Zühlsdorf hat schon entschieden: Atze Schröders Traumbild soll es sein. Und das Bild von NDR-Moderator Hubertus Meyer-Burckhardt. Zwei auf einen Streich.

Sponsor, Bettenhersteller und Traumgalerist PATRICK HABERTAG im Gespräch mit Hinz&Künztler JENS. Foto: Lena Maja Wöhler.

Jens zückt sein Klebeband und heftet Zettelchen an die Werke: Verkauft. „So“, sagt er zufrieden. Es hat sich viel getan für Jens, seit er die Traumgalerie betreut. Eröffnet wurde das Projekt der Bettwaren Manufaktur Richard Behr & Co. am 19. Februar mit fünf Gemälden, auf denen Künstler Träume von Hinz&Künztlern verewigt hatten. Die Idee dahinter: Jedes verkaufte Bild setzt eine gute Entwicklung in Gang, denn die Hälfte des Erlöses geht an Hinz&Kunzt, die andere an die Künstler. Zudem spendet die Firma Behr ein Viertel der Einnahmen, wenn im Rahmen der Aktion ihre Kissen, Decken oder Betten in der Traumgalerie gekauft werden.

Hinz&Künztler Jens freut sich über großes Interesse

Inzwischen haben die Ideengeber von der PR-Agentur Gute Leude Fabrik die zweite Phase der Traumgalerie eingeläutet: Auch prominente Hamburger stellen nun gemalte Träume zum Verkauf aus und spenden den vollen Erlös an Hinz&Kunzt. Seit dem 5. März sind die Bilder von vier Spielern des FC St. Pauli in der Traumgalerie zu sehen und zu kaufen. Robin Himmelmann, Sören Gonther, Marc Hornschuh und Ex-Spieler und heutiger kaufmännischer Geschäftsleiter Andreas Rettig sind mit dabei, ebenso wie TV-Moderator Alexander Bommes.

Zuvor hatten sich bereits Comedian Atze Schröder, TV-Produzent und Moderator Hubertus Meyer Burckhardt, Politikerin Katja Suding, die Moderatoren Hinnerk Baumgarten. Uli Pingel, John Ment und die ehemalige Profiboxerin Ina Menzer und andere „Gesichter der Stadt“ ans Werk gemacht (siehe Bildergalerie).

Für die Abwicklung des guten Geschäfts ist Hinz&Künztler Jens mitverantwortlich. Er notiert Namen und Kontaktdaten der Käufer, regelt Vorkasse und Kartenzahlungen und verschickt Quittungen – immer in engem Kontakt mit Patrick Habertag, Manager bei der Richard Behr & Co. „Ich finde das schon toll, dass die Leute so ein Vertrauen in mich haben“, sagt Jens zufrieden. Die Sache läuft. Dominik Zühlsdorf legt sogar noch ein Scheinchen oben drauf, als zusätzliche Unterstützung für Hinz&Kunzt.

Verstanden sich auf Anhieb: Hinz&Künztler MARCI und Künstler FELIX ECKARD, der seinen Traum gemalt hat. Foto: Lena Maja Wöhler.

Auch bei Bettenfachmann Patrick Habertag hat die Traumgalerie einiges bewirkt. „Den Schröder hätte ich sicher 20 Mal verkaufen können“, sagt er – ganz eins mit seiner neuen Rolle als Galerist. Auch für ihn sei das Projekt ein Lernprozess. Für die Hängung der Bilder habe er inzwischen einen schärferen Blick. Vor allem aber freut er sich über die vielen Leute, die stehen bleiben, sich mit den Bildern beschäftigen und ihre eigenen Träume auf Post-its an der Traumwand hinterlassen. „Wir kriegen hier erstaunlich schnell persönlichen Kontakt zu Menschen“, erzählt Patrick Habertag.

Die Traumgalerie

Rindermarkthalle St. Pauli, Neuer Kamp 31, bis Ende März. Wer ein Bild kaufen will, wendet sich an Patrick Grunau unter herrgrunau@guteleudefabrik.de 

Einige schauten immer wieder vorbei – so wie das Ehepaar, das bisweilen mehrmals täglich kommt und vor dem Bild von Künstlerin Esther Czaya stehen bleibt. „Da merkt man, wie es in ihnen arbeitet.“ Dagegen traf das Bild von Marcis Traum, gemalt von Felix  Eckardt, wohl sofort einen Nerv. „Da musste ich gar nichts tun“, erzählt er. „Da kam einer reingestürmt und zack, war es verkauft.“

Auch zwischen Künstler und Träumer springt gleich ein Funke über, als sie sich vor dem Gemälde zum ersten Mal treffen. „Superpoetisch“ habe er den Traum gefunden, schwärmt Felix Eckardt. So hatte Marci das bisher gar nicht gesehen. „Ich schleppe diesen Traum ja schon seit 33 Jahren mit mir herum.“ Als Zehnjähriger träumte er, nach einem Sprung vom Dreimeterbrett nicht mehr aufzutauchen – nur seine Seele sei in den Himmel gestiegen.

Für ihn ein schönes Gefühl. Aber dass es so viel in Gang setzen würde, hätte Marci nie erwartet. Felix Eckardt ist regelrecht begeistert. „Als ich deinen Traum gelesen habe, hat das ganz viel mit mir gemacht“, sagt er. „Solche Impulse sind toll. Der Traum ist genau zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle gelandet.“ Das Malen sei ihm erstaunlich leichtgefallen – und auch der junge Marci wirkt ganz schwerelos auf dem Bild. Eine Freundin  habe es sofort mit freiem Fall und mit Schweben unter Wasser assoziiert, erzählt der Künstler. Obwohl sie Marcis Geschichte nicht kannte. „Da kriege ich  jetzt noch eine Gänsehaut!“ Alles ist fließende Energie – davon ist Felix Eckardt überzeugt.

„Den eigenen Träumen muss man Flügel verleihen“

Sein Kollege Uli Pforr kann ein Lied davon singen. Oder besser gesagt: pfeifen. „Wenn es im Atelier richtig gut läuft, zwitschere ich die ganze Zeit vor mich hin“, erzählt er fröhlich. Beim Malen für die Traumgalerie lief es richtig gut. Er setzte zwei Träume um – quasi gleichzeitig. Während die Farbe auf dem ersten Bild trocknete, malte er schon das zweite. Bild eins, der Traum von Kristian, ist längst verkauft. Jetzt wurde sein zweites Gemälde enthüllt. Es zeigt den Traum von Tom: Auf der Flucht vor drei finsteren Typen kauert er in einer Bar, bis die Wirtin seine Verfolger abwimmelt, sicherheitshalber bewaffnet mit einer Bratpfanne. Kein schöner Traum, fand Tom – und ein klares Zeichen, dass sein Leben mal wieder nicht ganz rund lief.

VENETA hatte geträumt, ihrem toten Vater wiederzubegegnen. Künstler PETER KRAHÉ hat ihren Traum gemalt. „So schön“ findet die Bulgarin das Gemälde. Foto: Lena Maja Wöhler.

Veneta steht vor ihrem Traumbild und ist sichtlich bewegt. „Schön“, sagt sie. Die Bulgarin, die derzeit mit ihrem Mann in einem Container lebt, ist im Traum ihrem toten Vater wiederbegegnet, nach dem sie solche Sehnsucht hat  „Am liebsten hätte ich ein Foto von deinem Vater gehabt“, sagt Künstler Peter Krahé. Hatte er nicht – und deshalb sieht der Mann auf dem Bild ein bisschen aus wie er selbst. Wenn man vor  dem Bild steht, wirkt es, als unterhielten sich da ein Mann und eine Frau, ganz normal. Aber je weiter man weggeht vom Bild, desto unsichtbarer wird der Vater.

Peter Krahé überlegt laut, ob man den Vater noch durchsichtiger malen müsse. „Ich könnte das in einer Stunde machen“, sagt der Künstler. Veneta schüttelt den Kopf. Sie will, dass es bleibt, wie es ist. „Das ist gut, das ist gut!“

Hinz&Künztler ERICH ist aktiv im Offenen Atelier in Mümmelmannsberg. Für die Traumgalerie steuerte er einen Albtraum bei. Foto: Lena Maja Wöhler.

Neu in der Galerie: Hinz&Künztler Erich Heeder. Ende der 80er-Jahre hatte er einen Albtraum: Eine Hand wächst aus einem Acker, im Hintergrund steht der Vollmond – und der hat Augen. „Ich wusste nicht, was das bedeuten sollte“, sagt der 64-Jährige. „Aber der Traum hat mich richtig fertiggemacht.“ Er musste ihn malen, um ihn einigermaßen loszuwerden. „Kurze Zeit später brach meine Familie auseinander und ich wurde wohnungslos“, sagt er. 1993 kam er dann zu Hinz&Kunzt. Heute hat er zum Glück längst wieder eine Wohnung.

„Traumgalerie? Weitermachen. Am besten einmal im Jahr“

Bis Ende März sollen die Traumbilder noch hängen. Dann schließt die Traumgalerie. Wohin dann mit all den guten Impulsen, die das Projekt in Gang gesetzt hat? Das beschäftigt nicht nur Künstler Felix Eckardt, der klar plädiert: „Weitermachen! Am besten einmal im Jahr.“ Auch Patrick Habertag spielt in Gedanken schon durch, wie sein Familienbetrieb eine Fortsetzung wuppen könnte. Mit Hilfe von Leuten wie Jens könnte es klappen, sagt er.

Sponsor, Bettenhersteller und Traumgalerist PATRICK HABERTAG vor der Wand der Träume in der Rindermarkthalle. Foto: Lena Maja Wöhler.

Aber zündet die gute Idee auch ein zweites Mal? Und wie sieht das der Initiator, Lars Meier von der Gute Leude Fabrik? „Wir haben tatsächlich schon einige Anfragen aus anderen Städten, die Traumgalerie weiterzutragen“, sagt er. „Ich persönlich kann mir eine Fortsetzung vor allem hier in Hamburg sehr gut vorstellen, uns allen hier in der Agentur würde es eine riesen Freude bereiten.“ Und mit wem? „Na klar doch: mit euch!“

Bildergalerie

Autor:in
Annabel Trautwein
Annabel Trautwein
Annabel Trautwein schreibt als freie Redakteurin für Politik, Gesellschaft und Kultur bei Hinz&Kunzt - am liebsten über Menschen, die für sich und andere neue Chancen schaffen.

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