Im Technoclub „Südpol“ wird Solidarität gelebt – auch mit Menschen in Existenznot. Doch davon ist das Kollektiv selbst nicht ganz frei.
Mit dem Smiley-Sticker die Handykamera abkleben, Ego vor der Tür lassen, eintauchen in Bass, Glitzer und Gemeinschaft und erst am nächsten Morgen wieder auftauchen – oder am übernächsten. Mit tagelangen Raves zelebriert der Technoclub Südpol in Hammerbrook kleine Ausflüge ins Reich der Utopie. Achtsam und respektvoll miteinander umzugehen ist hier oberstes Gebot, auch wenn der letzte Track verklungen ist. Das wirkt sich auf die Nachbarschaft aus: Schon in den ersten Jahren setzten sich das Kollektiv und befreundete Kulturunternehmen für notleidende Menschen ein, die rund um den Club an der Süderstraße eine Bleibe suchten. Der Wille zu helfen ist nach wie vor da, sagen die Betreiber:innen. Doch die Not steigt – und die Kräfte sind begrenzt.
Rund um den Südpol ist Hammerbrook geprägt von Industrie und Gewerbe. Im Zweiten Weltkrieg wurde viel zerstört, Zwangsarbeiter:innen und KZ-Häftlinge wurden in einigen der wenigen noch intakten Gebäude angesiedelt und ausgebeutet. Heute gilt der Sozialstatus in Hammerbrook als sehr niedrig, das Stadtteilmonitoring zeigt: Sichtbar besser wird es nicht. Im Vergleich der prozentualen Arbeitslosigkeit liegt der Stadtteil hamburgweit im oberen Fünftel, die Wohnfläche pro Kopf ist knapp elf Quadratmeter kleiner als im Hamburger Durchschnitt. Und vielerorts scheint das Stadtbild die Statistik zu bestätigen: An der Süderstraße beginnt gleich hinter dem Club, zwischen Recyclinghof, Autohäusern und Werkstatt-Geländen, der Straßenstrich. Die Stadt steuert gegen, etwa mit dem Grünstreifen entlang des Hochwasserbassins, der langsam zum Park entwickelt wird. Einen wichtigen Beitrag leistet die Off-Kulturszene rund um das Kraftwerk Bille, im Künstlerhaus Wendenstraße oder eben am Südpol, die die Nischen besetzt und aufwertet. Sie heißt auch Menschen willkommen, die sich an vielen Orten der Stadt nicht akzeptiert fühlen.
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