Europas derzeit wohl beste Blindenfußballerin spielt beim FC St. Pauli: Die gerade erst volljährig gewordene Thoya Küster paart intuitives Können mit ansteckender Spielfreude.
Tief in der eigenen Hälfte kommt sie plötzlich an den Ball mit der Rassel drin. Die verrät den nicht sehenden Feldspieler:innen, wo auf dem Platz sich die Kugel gerade befindet. Ein unwillkürliches Lächeln überzieht ihr Gesicht, als sie losdribbelt und Fahrt aufnimmt. Instinktiv weiß sie, was in den nächsten Sekunden zu tun ist, sozusagen mit blindem Verständnis. Jeder Schritt ein sauberer Kontakt mit dem Spielgerät, auf leisen Sohlen und mit erstaunlicher Leichtfüßigkeit vorbei an und herum um alle Gegner:innen, es gibt jetzt nur noch sie und den Ball – bis sie vom draußen stehenden Torguide der eigenen Mannschaft, der die Offensive anleitet, das Kommando zum Schuss erhält. Mit ihrem starken linken Fuß zieht Thoya Küster ab und lässt dem (sehenden) Keeper des FC Ingolstadt keine Chance. 1:0 – es ist an diesem 5. April das erste Tor des Spieljahres 2024 für die Blindenfußballer:innen des FC St. Pauli.
Wenn es nach Trainer Wolf Schmidt geht, ist die Szene stilbildend für das, was er in dieser Saison von jener Spielerin erwartet, die er nun schon ihr halbes Leben lang begleitet. Als neunjähriges, schüchternes kleines Mädchen kam sie 2015 zu ihm – und hat in den vergangenen Jahren eine bemerkenswerte Entwicklung genommen. Seit einigen Jahren Bundesligaspielerin im Mixteam des FC St. Pauli. Zweimalige deutsche Meisterin. 2022 Europameisterin der Frauen, dabei Schützin aller acht deutschen Tore. „Hamburgs Sporttalent des Jahres 2022“. Vergangene Saison endlich das erste Bundesligator. Stand heute sei die angehende Abiturientin des Wilhelm-Gymnasiums Harvestehude (Leistungskurse Geo und Bio), volljährig seit dem 9. April dieses Jahres, laut Schmidt sogar „Europas wohl beste Blindenfußballerin“. Und der 58-Jährige fügt hinzu: „Thoya weiß manchmal gar nicht, wie gut sie schon ist und noch werden kann.“
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