Neue Jugendberufsagentur : Scholz will Ausbildung für alle

Olaf Scholz will allen Hamburgern unter 25 einen Ausbildungsplatz verschaffen. Ermöglichen soll das die neue Jugendberufsagentur, die in Mitte eröffnet wurde. Sie vereint verschiedene Beratungsangebote unter einem Dach. Kritiker sagen: viel Lärm um nichts.

Olaf Scholz (rechts) zusammen mit Arbeitsagenturchef Sönke Fock bei der Eröffnung der Jugendberufsagentur in Mitte.

Über 2000 Jugendliche und junge Erwachsene suchten im August in Hamburg noch einen Ausbildungsplatz. Wenn sie keinen finden, droht ihnen der Rutsch in die Perspektivlosigkeit. „Gelingt der Übergang von der Schule in die Ausbildung nicht, führt das in der Regel zu langjähriger Arbeitslosigkeit“, sagte der Geschäftsführer von Team Arbeit Hamburg, Friedhelm Siepe. Obwohl die Jugendarbeitslosigkeit in Europa nirgends so gering sei wie in Deutschland, machten ihn die vielen Jugendlichen ohne Ausbildungsplatz betroffen. „Ausbildung hat etwas mit Menschenwürde und Teilhabe zu tun“, sagte er bei der Eröffnung der Jugendberufsagentur Hamburg-Mitte.

Die Jugendberufsagentur soll den Jugendlichen Perspektiven aufzeigen. Als erstes Bundesland hat Hamburg jetzt eine zentrale Anlaufstelle für Jugendliche und junge Erwachsene, die einen Ausbildungsplatz suchen. Bisher arbeiteten die beteiligten Institutionen an verschiedenen Standorten in Hamburg. Nun sind die Berufsberatung der Arbeitsagentur, das Jobcenter, die Jugendhilfe vom Bezirksamt und das Institut für berufliche Bildung unter einem Dach erreichbar. Beziehungsweise unter zweien: Die neue Agentur hat einen Standort in Mitte und einen in Harburg, die anderen Bezirke sollen bis Ende 2014 folgen. „Bisher waren Jugendliche oft orientierungslos angesichts der unterschiedlichen Institutionen und Angebote“, sagte Bürgermeister Olaf Scholz bei der Eröffnung in Mitte. Das soll sich jetzt ändern.

Das ehrgeizige Ziel des Bürgermeisters: Möglichst alle jungen Männer und Frauen einen Ausbildungsplatz zu beschaffen. „Wir brauchen jeden und jede in der Mitte der Gesellschaft und als qualifizierte Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt“, sagte Scholz. „Niemand soll verloren gehen.“ Alle Jugendlichen sollen dazu in einer zentralen Datei erfasst und bis zum Ausbildungsbeginn von der Agentur begleitet werden – oder bis sie 25 sind. Zunächst soll das auf freiwilliger Basis geschehen, aber wenn das nicht klappt, soll nachgeholfen werden: „Kommen Jugendliche trotz Einladung nicht, werden sie auch zu Hause aktiv beratend aufgesucht“, so Olaf Scholz. „Wir wollen die jungen Leute aktiv begleiten und wenn nötig auch anschieben.“

Der Staat allein wird die Jugendarbeitslosigkeit aber nicht beseitigen können, trotz Jugendberufsagentur. Das betonte der Geschäftsführer von Team Arbeit Hamburg,  Friedhelm Siepe. „Wir brauchen die Unterstützung der Hamburger Unternehmen“, sagte er. Siepe appelliert an Hamburgs Wirtschaft: „Achten Sie nicht nur auf die Schulnoten! Handwerkliches Geschick korrespondiert nicht unbedingt mit einer Rechtschreibschwäche.“ Dieser Forderung schloss sich auch Hamburgs Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbunds an. „Es hilft niemandem, über die angeblich mangelnde Ausbildungsreife von Jugendlichen zu schimpfen, aber selbst keine Verantwortung zu übernehmen“, sagte Uwe Grund. Die Einrichtung der Jugendberufsagentur begrüßte er.

Es gibt allerdings auch Kritik. Als „viel Lärm um nichts“ bezeichnete der Paritätische Wohlfahrtsverband die Agentureröffnung. „Auf die Eröffnung mit Pauken und Trompeten wird die schnelle Ernüchterung folgen“, sagte Petra Lafferentz, Fachberaterin für Arbeitsmarktpolitik beim Paritätischen Hamburg. Sie kritisierte, dass keine neuen Angebote geschaffen würden, sondern lediglich bestehende zusammengelegt. Auch Scholz’ Ankündigung, die Jugendlichen im Zweifelsfall zu einer Beratung zu zwingen, stieß bei Lafferentz auf Ablehnung: „Druck und Bevormundung sind bei diesen Jugendlichen, die häufig in schwierigen Verhältnissen aufgewachsen sind oder bereits erste Erfahrungen mit Polizei und Justiz haben, das absolut falsche Mittel.“

Text und Foto: Benjamin Laufer