Obdachlos im Rollstuhl

Noch eine Hürde mehr

Ein Mann im Bundeswehrparka sitzt vor dem Hauptbahnhof in einem Rollstuhl
Ein Mann im Bundeswehrparka sitzt vor dem Hauptbahnhof in einem Rollstuhl
Weil Kevin Angst hatte, dass ihm jemand den Rollstuhl klaut, legte er sich auf Platte immer schützend davor. Foto: Mauricio Bustamante
Hinz&Kunzt Randnotizen

Freitags informieren wir per Mail über die Nachrichten der Woche:

Wenn sie nicht gerade in einer Notunterkunft schlafen, leben Kevin und Christin in Hamburg auf der Straße. Was das Leben ohne Wohnung im Rollstuhl bedeutet.

Kevin hält vor einem Geschäft in der Spitalerstraße und legt die Bremse ein. Mühsam stützt er sich mit seinem Arm aus dem Rollstuhl hoch. Sein schmaler Körper zittert. Wenn er noch draußen schlafen müsste, bliebe ihm jetzt nichts anderes übrig, als sich auf den Asphalt fallen zu lassen, sagt der 44-Jährige. Fast zwei Jahre lang habe er so auf seine Platte kommen müssen. Nach der Demonstration lässt er sich zurück in ­seinen Rollstuhl plumpsen. Seit ein paar Monaten übernachtet Kevin in der Friesenstraße, einer städtischen ­Unterkunft, die sehr kranken Obdachlosen Schutz bieten soll. Dort teilt er sich mit zwei anderen Männern ein ­Zimmer. „Bei dem einen ist das Bein ab, bei dem anderen fällt’s bald ab“, sagt er und lacht etwas hilflos.

Kevin setzt seinen Rollstuhl in Richtung Hauptbahnhof in Bewegung. Er wolle noch etwas Geld verdienen. Frus­triert schaut er auf die wenigen Münzen, die verloren in ­einem Becher an der Seite seines Gefährts liegen. Viele ­denken, dass man im Rollstuhl und mit nur einem Arm beim Betteln mehr Geld macht, sagt er. „Fehlanzeige.“ Vor ein paar Tagen habe ihm noch dazu jemand seinen Rucksack geklaut, den Kevin über die Schiebegriffe seines Rollstuhls gehängt transportiert. Jetzt müsse er seine Papiere neu beantragen. „Sauanstrengend“, sagt er.


Zum Weiterlesen auf die Straße

Die Hinz&Kunzt-Verkäufer:innen sind das Herz unseres Projektes. Um Texte aus der aktuellen Ausgabe zu lesen, kaufen Sie bitte ein Magazin bei ihnen – erhältlich auf Hamburgs Straßen. Auswärtige können ein Print-Abo abschließen.

Verkaufsplatzkarte

An diesen Standorten können Sie unsere Hinz&Kunzt-Verkäufer:innen antreffen:

Artikel aus der Ausgabe:
Ausgabe 393

Hamburg behindert

Wie barrierefrei ist Hamburg? Wir waren mit obdachlosen Rollifahrer:innen unterwegs und haben den Influencer Mr. BlindLife getroffen. Außerdem: Mit „Songs for Joy“ kommt ein Film über ein außergewöhnliches musikalisches Mitmach-Projekt in die Kinos.

Ausgabe ansehen
Autor:in
Luca Wiggers
Luca Wiggers
1999 in Hannover geboren, hat dort Germanistik und Anglistik studiert und ist Anfang 2022 nach Hamburg gezogen. Seit Juni 2023 Volontärin bei Hinz&Kunzt.

Weitere Artikel zum Thema