EU-Vorstoß : Jeder soll ein Konto kriegen

Ein Recht auf ein eigenes Girokonto soll es demnächst in der ganzen Europäischen Union geben: Ein entsprechender Gesetzesentwurf ist für den Sommer angekündigt. Bislang konnte sich zu so einer Vorschrift noch keine Bundesregierung durchringen.

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Jeder EU-Bürger soll seine Euros bald auf ein eigenes Konto einzahlen können. Foto: Daniel Gast / PIXELIO.

Wer sich kein Konto leisten kann, muss dafür oft teuer bezahlen. Über 9 Millionen Euro haben deutsche Arbeitslose deswegen allein im Jahr 2011 auf den Tisch legen müssen. Denn die Ämter zahlen Sozialleistungen als Verrechnungsscheck aus, wenn der Empfänger kein eigenes Konto hat. Den Scheck einzulösen kostet im Schnitt 7,10 Euro – auch für die vielen Langzeitarbeitslosen, die nur 374 Euro im Monat zum Leben haben.

„Ein Leben ohne Girokonto ist für die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland nicht mehr möglich“, schreibt die Bundesregierung in einem Papier. Viele Dienstleister verlangen eine Einzugsermächtigung, um einen Vertrag abschließen zu können: Versicherungen und Telekommunikationsunternehmen zum Beispiel. Sogar Vermieter machen ein Konto häufig zur Voraussetzung, betont die Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberartung der Verbände. Die Schuldnerberater fordern deswegen schon lange ein „Recht auf Girokonto“.

Das Konto für alle könnte nun endlich kommen: Jeder EU-Bürger soll künftig ein Recht auf ein Bankkonto haben, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Demnach will der zuständige EU-Kommissar Michel Barnier im Juni einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorlegen. Das Konto soll laut SZ lediglich „grundsätzlich nötige Buchungen“ wie Zahlungseingänge und Abbuchungen ermöglichen. Es soll „möglichst gebührenfrei“ angeboten werden, in Ausnahmefällen sollen jedoch „erschwingliche“ Gebühren erlaubt sein. Barniers Sprecherin Carmel Dunne bestätigte gegenüber Hinz&Kunzt lediglich, dass mit dem Gesetzesentwurf in den kommenden Monaten zu rechnen sei.

In vielen EU-Ländern gibt es das Konto für Jedermann bereits, in Deutschland hat sich bislang allerdings keine Bundesregierung zu einem Gesetz durchringen können. Zwar gibt es eine freiwillige Selbstverpflichtung der Banken aus dem Jahr 1995, jedem ein Girokonto zu ermöglichen. Aber Verbraucherschützer beklagen, dass dennoch immer wieder Menschen abgewiesen würden. „Das Problem ist, dass es keinen rechtlichen Anspruch auf ein Konto gibt“, sagt Jana Brockfeld von der Bundesverbraucherzentrale. Außerdem beklagt sie, dass die Banken für die so genannten Guthabenkonten oftmals höhere Gebühren als für normale Girokonten berechnen. Für den Bankenverband ist das Modell trotzdem ein Erfolg: Ende 2010 habe es 2,5 Millionen dieser Konten gegeben, 400.000 mehr als noch 2007.

Das Bundesverbraucherministerium begrüßt die Initiative aus Brüssel. „Es ist unsozial, dass manche Banken einige ihrer Kunden ins Abseits stellen“, sagt Ministeriumssprecher Michael Fronczak zu Hinz&Kunzt. „Wir unterstützen, dass es genaue Vorgaben auf europäischer Ebene geben soll.“ Wann diese Vorgaben auch in Deutschland gelten werden, ist bislang unklar: „Es ist noch viel zu früh, das zu sagen“, sagt Kommissarssprecherin Dunne. Zunächst müssen die Mitglieder der Europäischen Kommission und das Europäische Parlament den Vorschlag diskutieren.

Text: Benjamin Laufer
Foto: Daniel Gast / PIXELIO