Fahren ohne Fahrschein : „Freiheitsfonds“ kauft Menschen aus dem Gefängnis frei

Wer in Deutschland ohne Ticket in Bus und Bahn unterwegs ist, begeht eine Straftat und landet im schlimmsten Fall im Knast. Die Initiative "Freiheitsfonds" kauft Betroffene frei. Foto: Action Press / Public Address

Die Initiative Freiheitsfonds hat heute 75 Menschen aus Gefängnissen freigekauft, die wegen Fahrens ohne Fahrschein hinter Gittern saßen. Im Bundestag wird am Abend über das zugrundeliegende Gesetz debattiert.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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75 Menschen, die eine Haftstrafe wegen Fahrens ohne Fahrschein absaßen, hat das Projekt „Freiheitsfonds“ heute aus deutschen Gefängnissen freigekauft. Das hat die Initiative bekannt gegeben und zu diesem Anlass den „Freedom Day“ ausgerufen. Sie spricht von der größten Gefangenenbefreiung der deutschen Geschichte.

Hintergrund der Aktion: Wer in Deutschland in Bus und Bahn ohne Ticket erwischt wird, begeht eine Straftat und muss eine Geldstrafe zahlen. Grundlage dafür ist Paragraf 265a des Strafgesetzbuchs, „Erschleichen von Leistungen“ – ein Straftatbestand, der noch auf die Zeit des Nationalsozialismus zurückgeht. Wer die Strafe nicht zahlen kann, landet im Gefängnis.

Ungerecht, findet zumindest die Initiative Freiheitsfonds. Schon seit Dezember 2021 sammelt sie Geld, um Menschen, die sogenannte Ersatzfreiheitsstrafen absitzen, aus dem Gefängnis freizukaufen. Nach eigenen Angaben konnten so bislang 716 Personen befreit und 136 Jahre Haft aufgelöst werden. Erfreulicher Nebeneffekt: Während die Initiative bislang gut 667.352 Euro aufgewendet habe, hätte der Staat 9,9 Millionen Euro gespart. Denn jeder Tag Gefängnis kostet die Allgemeinheit im Schnitt mehr als 100 Euro.

Dass der „Freedom Day“ heute stattfindet ist kein Zufall: Im Bundestag wird am Abend über einen Gesetzentwurf der Regierungskoalition zu Ersatzfreiheitsstrafen debattiert. Darin wird etwa vorgeschlagen, den Umrechnungsmaßstab einer Geld- zu einer Freiheitsstrafe zu halbieren. So würden sich Haftzeiten zumindest verkürzen. Eine grundsätzliche Abkehr vor Ersatzfreiheitsstrafen sieht der Entwurf aber nicht vor.

Autor:in
Lukas Gilbert
Lukas Gilbert
Studium der Politikwissenschaft in Hamburg und Leipzig. Seit 2019 bei Hinz&Kunzt. Zunächst als Volontär, seit September 2021 als Redakteur.

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