Öffentliche Unterbringung : Erst mal wird verdichtet

1900 neue Betten für Flüchtlinge und Wohnungslose will der Senat bereitstellen. Bevor im Herbst neue Unterkünfte eröffnet werden, sollen zunächst die Belegungszahlen in den bestehenden Einrichtungen erhöht werden, so Rembert Vaerst, Geschäftsführer von fördern und wohnen, gegenüber Hinz&Kunzt.

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Rembert Vaerst hat als Geschäftsführer von fördern und wohnen alle Hände voll zu tun, Unterkünfte für Flüchtlinge und Wohnungslose zu organisieren.

Für Flüchtlinge und Wohnungslose in Hamburg will der Senat 1900 neue Unterkunftsplätze schaffen. Dafür will er in diesem und im kommenden Jahr mehr als 70 Millionen Euro bereitstellen. „Erst einmal ist es erfreulich, dass der Senat in diesem Bereich aufstocken will, sagt dazu Hinz&Kunzt-Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer. „Allerdings befürchten wir, dass diese 1900 Plätze nicht zusammenkommen.“

Dass neue Unterkünfte gebraucht werden, ist unstrittig: Die 8500 Plätze, die es bisher gibt, sind längst belegt. Schon im April hatte Rembert Vaerst, Geschäftsführer des städtischen Unterkunftsbetreibers fördern und wohnen, deswegen Alarm geschlagen. „Das System der öffentlichen Unterbringung steht vor dem Kollaps“, sagte er gegenüber der Bild-Zeitung. Und auf Nachfrage von Hinz&Kunzt: „Wir können nur noch die Menschen unterbringen, die wir unbedingt unterbringen müssen – und diese unter zum Teil katastrophalen Bedingungen.“ Damals hatte die Sozialbehörde 1500 zusätzliche Betten versprochen – Vaerst bezeichnete das als nicht ausreichend.

Die jetzt angekündigten 1900 neuen Plätze reichen ihm offenbar. „Die Zahl beruht auf den Einschätzungen, so wie der Bedarf für die nächsten anderthalb bis zwei Jahre gesehen wird“, sagt Vaerst. Der Unterkunftsbetreiber plant also eher kurzfristig – und will einen großen Teil der Plätze schnell einrichten. Dazu werden zunächst in bestehenden Unterkünften mehr Menschen untergebracht. Wie in der Notschlafstelle Pik As: Hier gibt es regulär 190 Schlafplätze, im Winter verbrachten oft mehr als 300 Menschen die Nacht dort. Im Frühjahr hat fördern und wohnen die ständige Kapazität auf 210 Plätze erhöht.

Im Frauenzimmer, der Notschlafstelle für Frauen, soll es künftig 30 statt der bisher 20 regulären Plätze geben. Hier habe es, so Vaerst, ohnehin „bereits in den letzten zwei Jahren eine Belegung“ gegeben, die „um die 30 schwankt“. In bestehenden Einrichtungen einfach mehr Menschen übernachten zu lassen könne keine Lösung sein, sagt Sozialarbeiter Karrenbauer: „Bereits im vergangenen Winter führte die Verdichtung im Rahmen des Winternotprogramms zu katastrophalen Zuständen, vor allem im Pik As und im Frauenzimmer.“ Weitere kurzfristige Maßnahme: Befristet auf drei Monate ziehen 80 Flüchtlinge und Wohnungslose in das Bürogebäude in der Spaldingstraße, das auch das jährliche Winternotprogramm beherbergt.

Neue Plätze für die längerfristige Unterbringung von Flüchtlingen und Wohnungslosen gibt es erst ab Herbst dieses Jahres. Zunächst sollen 360 an drei Standorten entstehen: in Curslack am Neuen Deich, an der Schule Sandwisch in Moorfleet und am Oststeinbeker Weg in Mitte. Dass das alles nicht reicht, weiß Vaerst: „Es bräuchte noch zwei, drei richtig große Standorte mit mehr als 200 Plätze, um wirklich einen Schritt voran zu kommen.“

Zumal nicht alle neuen Plätze auch zusätzliche Plätze sind: Zwei Unterkünfte in der Sengelmannstraße und in Jenfeld hat fördern und wohnen Ende Juni geschlossen. Dort standen zusammengerechnet 360 Betten zur Verfügung. Eine weitere schon bezugsfertige Unterkunft wird wieder abgebaut: Am Offakamp in Eimsbüttel ziehen nicht wie geplant 120 Asylbewerber ein. Nachdem eine Anliegerin erfolgreich geklagt hat, streicht fördern und wohnen die Plätze aus der Planung: Derzeit bereite fördern und wohnen den Abbau der Container vor, so Vaerst.

Wo genau und wann die anderen neuen Unterkunftsplätze entstehen sollen, will Vaerst nicht verraten. Betreiber fördern und wohnen befinde sich zum Teil „in Abstimmung“ mit den Bezirken über geeignete Grundstücke. Er betont: „Es ist für uns wichtig, dass wir bei den Baugenehmigungen aus den Bezirken unterstützt werden.“

Text: Jonas Füllner
Foto: Dmitrij Leltschuk