Gipfeltreffen im Bezirksamt Mitte : Neubauers Pläne zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit

Ralf Neubauer (SPD) leitet das Bezirksamt in Hamburg-Mitte. Foto: Miguel Ferraz

Immer mehr Obdachlose in immer schlechterem Zustand: Der Chef des Bezirksamts Mitte hat deswegen zum Gipfel in seine Behörde geladen. Dort hat Ralf Neubauer seine Pläne vorgestellt.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Für den Chef des Bezirksamts war der erste Obdachlosigkeitsgipfel seiner Behörde am Mittwoch ein Erfolg: Ralf Neubauer spricht tags darauf gegenüber Hinz&Kunzt von einem „guten und intensiven Austausch“. Der SPD-Politiker hatte angesichts immer stärkerer Verelendung obdachloser Menschen in der Hamburger Innenstadt zahlreiche Vertreter:innen von Sozial- und Innenbehörde, Polizei, Handel und sozialen Trägern eingeladen. Auch Abgeordnete der Bezirksversammlung und Hinz&Kunzt-Geschäftsführer Jörn Sturm nahmen an dem Gipfel teil. Insgesamt waren rund 50 Personen anwesend.

Wie also kann die Stadt endlich der Verelendung etwas entgegensetzen? In dieser zentralen Frage waren sich offenbar nicht alle Teilnehmenden einig. „Klar ist, dass wir in dieser Runde an verschiedenen Punkten bestehende fachliche Dissense zwischen Sozialbehörde und den Akteuren der Wohnungslosenhilfe nicht sofort auflösen werden“, sagt Neubauer. Er selbst machte in der Sitzung deutlich, dass er – anders als die Sozialbehörde – eine ganztägige Öffnung des Winternotprogramms für rechtlich möglich hält. Das hatte der gelernte Rechtsanwalt bereits vor seinem Amtsantritt in einem juristischen Gutachten für Hinz&Kunzt festgehalten. Ungeachtet dessen plant die Behörde aber auch im kommenden Winter, die Unterkünfte des Winternotprogramms jeden Morgen zu schließen.

Neubauer plant ein Modellprojekt für die Neustadt

Beim Winternotprogramm des Senats kann der Bezirkschef nicht mitreden, aber Neubauer versucht an anderer Stelle, dem jahrelangen „Weiter so“ etwas entgegenzusetzen. Sein Bezirk will in der Neustadt im kommenden Jahr mit einem Modellprojekt erforschen, „wie insbesondere Menschen in besonders prekären Lebenslagen in ihrer persönlichen Entwicklung stabilisiert und mit ihnen Perspektiven entwickelt werden können“, teilt der Amtsleiter mit. In den Blick genommen werden sollen dabei nach Hinz&Kunzt-Informationen insbesondere auch Obdachlose aus dem EU-Ausland, die bislang kaum Ansprüche auf eine staatliche Unterbringung haben. Für sie soll wohl auch eine Immobilie angemietet werden.

Mit dem neuen Bezirkschef durch St. Georg
Ralf Neubauer
Mit dem neuen Bezirkschef durch St. Georg
Vorbei an Leerständen und Obdachlosen: Redakteur Jonas Füllner hat mit dem neuen Leiter des Bezirks Mitte eine Runde durch St. Georg und zum Hauptbahnhof gedreht. Was Ralf Neubauer anders machen will.

Hinz&Kunzt-Geschäftsführer Jörn Sturm begrüßt diesen Vorstoß Neubauers ausdrücklich. „Wir brauchen für die Menschen, die seit vielen Jahren als Obdachlose in unserer Gesellschaft leben müssen, Angebote, die ihnen einen Weg in ein menschenwürdiges Leben ebnen“, sagt er. „Das vorgeschlagene Modellprojekt kann die Antworten schaffen, die es braucht.“ Einzelheiten des Projekts soll der Ausschuss für Sozialraumentwicklung der Bezirksversammlung auf seiner Sitzung im Dezember beschließen.

Suche nach Räumen für neue Tagesaufenthaltsstätte

Darüber hinaus suchen das Bezirksamt und die Sozialbehörde einen Ort für eine Tagesaufenthaltsstätte mit 200 Plätzen, nachdem die „Markthalle“ am Hauptbahnhof als provisorische Einrichtung dafür in diesem Winter nicht mehr zur Verfügung steht. Geprüft werden soll außerdem, wie bestehende Versorgungslücken geschlossen werden können – zum Beispiel haben viele Einrichtungen für Obdachlose bislang am Wochenende geschlossen. Zudem wollen Bezirk, Sozialbehörde und Jobcenter bürokratische Hürden reduzieren, um obdachlosen Menschen den Weg in eine städtische Unterkunft zu erleichtern.

Der Obdachlosigkeits-Gipfel soll kein einmaliges Treffen bleiben: Für November sind laut Neubauer weitere Termine zur Vertiefung einzelner Themen geplant.

Autor:in
Benjamin Buchholz
Benjamin Buchholz
Früher Laufer, heute Buchholz. Seit 2012 bei Hinz&Kunzt. Redakteur und CvD Digitales.

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