Armuts- und Reichtumsbericht : Soziale Spaltung wächst

Die Reichen werden reicher. Zugleich benötigen immer mehr Menschen Hilfe vom Staat, so der Entwurf des vierten Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung. Das Diakonische Werk Hamburg fordert „armutsfeste Regelsätze“ vor allem für Kinder.

Immer mehr Menschen in Deutschland sind von Armut bedroht. Viele bessern ihren Lebensunterhalt mit Flaschensammeln auf Foto: Peter Ries Düsseldorf/pixelio.de

Dem Bericht zufolge verfügen zehn Prozent der Deutschen über 53 Prozent des gesamten Privatvermögens – Tendenz steigend. Der ärmeren Hälfte der Bevölkerung gehört hingegen gerade mal ein Prozent – Tendenz sinkend.

Weil die Reichen immer reicher werden, hat sich das Nettovermögen der Privathaushalte in Deutschland in den vergangenen 20 Jahren mehr als verdoppelt: von 4,6 auf 10 Billionen Euro. Das Vermögen des Staates hingegen schmolz im gleichen Zeitraum um 800 Milliarden Euro. Gewerkschaften und Sozialverbände forderten erneut die Einführung einer Vermögenssteuer.

Diakonie-Präsident Johannes Stockmeier bezeichnete es als „völlig unverständlich, dass der Bericht kein Konzept für mehr Steuergerechtigkeit enthält, aber die Wohltätigkeitsaktionen Vermögender ausführlich darstellt“. Der rund 500-seitige Bericht widmet sich in einem Kapitel unter der Überschrift „Hohe Engagementquote reicher Haushalte“ auch der Spendenbereitschaft Wohlhabender in Deutschland. Einer Studie zufolge würden drei von vier Vermögende Geld für soziale oder kulturelle Zwecke spenden, pro Haushalt durchschnittlich 4500 Euro jährlich.

Der Bericht bestätige Missstände, die die Diakonie seit Jahren beklage, so Dirk Hauer, Leiter des Fachbereichs Migration und Existenzsicherung beim Diakonischen Werk Hamburg. Bundesweit sei durchschnittlich jedes siebte Kind auf Hartz IV angewiesen, in Hamburg annähernd jedes vierte. „Hier ist die Bundesregierung aufgefordert, endlich armutsfeste Regelsätze für Kinder und Jugendliche zu definieren und sich nicht mit dem Bildungs- und Teilhabepaket am Problem vorbeizumogeln“, sagte Hauer.

Der Berichtsentwurf, der den Ministerien zur Abstimmung vorliegt, soll im November im Bundeskabinett behandelt werden.

Text: Ulrich Jonas
Foto: Peter Ries Düsseldorf/pixelio.de

 

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