Kürzung bei Ein-Euro-Jobs : „Langzeitarbeitslose dauerhaft abgehängt“

Seit 2010 hat sich die Zahl der geförderten Beschäftigungsverhältnisse in Deutschland mehr als halbiert. Die Arbeitsagentur sagt, sie seien nicht erfolgreich. Doch eigentlich müssten Alternativen her, sagen Sozialverbände.

Die Jobcenter fördern immer weniger Arbeitsgelegenheiten.
Die Jobcenter fördern immer weniger Arbeitsgelegenheiten.

Die Bundesregierung unterstützt immer weniger Langzeitarbeitslose durch geförderte Beschäftigungsverhältnisse. Im Juni gingen bundesweit nur noch 136.000 Menschen einer Tätigkeit nach, die vom Jobcenter gefördert wurde – also zum Beispiel Ein-Euro-Jobs. Drei Viertel davon werden noch in diesem Jahr auslaufen. Vor vier Jahren waren es noch mehr als 350.000. Allein seit dem Sommer 2013 hat die schwarz-rot geführte Regierung die öffentlich geförderten Stellen um knapp 20 Prozent reduziert. Das geht aus einer Antwort des Arbeitsministeriums auf eine Anfrage der grünen Bundestagsfraktion hervor.

Die Grünen kritisieren die Kürzung der Förderungen als „Aderlass“. Der Regierungswechsel habe für die Langzeitarbeitslosen keinen Kurswechsel gebracht, sagte deren Sprecherin für Arbeitsmarktpolitik, Brigitte Pothmer: „Immer weniger Angebote im Bereich der öffentlich geförderten Beschäftigung bedeutet für viele Langzeitarbeitslose, dass sie dauerhaft abgehängt bleiben.“ Eigentlich sollen die geförderten Beschäftigungsverhältnisse den Langzeitarbeitslosen auf dem Weg zu einer Neuanstellung helfen.

Aber tun sie das überhaupt? Die Bundesagentur für Arbeit rechtfertigte die Abkehr von den Ein-Euro-Jobs. Ihr Argument: Sie führten in weniger als zehn Prozent zu einer sozialversicherungspflichtigen Anstellung. „Sie führen eher zu einer Parallelgesellschaft“, sagte Vorstandsmitglied Heinrich Alt der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Diakonie fordert Alternativen

Dass Ein-Euro-Jobs keine wirkliche Hilfe für Arbeitslose sein würden, hatten Sozialverbände schon bei ihrer Einführung 2005 prognostiziert. „Wir haben damals kritisiert, dass dabei außer einer kurzfristigen prekären Beschäftigung nicht raus kommen würde“, sagt Wolfgang Völker. Er ist Arbeitslosigkeits-Experte bei der Hamburger Diakonie. Ein-Euro-Jobs seien für die Langzeitarbeitslosen ein „Fahrstuhl nach unten“, dem er „keine Träne“ nachweine.

Die öffentliche Förderung für Jobs zu reduzieren, sei jedoch der Falsche Weg. „Den Leuten gegenüber ist es unfair, ihnen die Arbeitsgelegenheiten wegzunehmen und ihnen keine Alternativen zu bieten“, sagt Völker. „Die Zahl der Förderungen müsste eigentlich wesentlich höher sein.“ Die Diakonie spricht sich dafür aus, vermehrt Arbeitgebern Lohnkostenzuschüsse zu zahlen, wenn sie Langzeitarbeitslose regulär einstellen. „Dann können die Unternehmen beweisen, dass sie soziale Verantwortung übernehmen“, sagt Völker. Eine andere Möglichkeit sieht er darin, verstärkt in die Weiterbildung für Arbeitslose zu investieren.

Hamburg: Neue Wege mit Null-Euro-Jobs

Hamburgs Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) gilt seit langem als Kritiker der bisherigen Ein-Euro-Jobs. Im März hatte er in einem Brief an den Bundesrechnungshof beklagt, die Arbeitsgelegenheiten dürften vom Berufsleben „nicht allzu weit entfernt sein“. Es sei „nicht motivationsfördernd“, wenn die Langzeitarbeitslosen „zweckfrei“ arbeiten würden. Scheele hatte deshalb im Juli die Einführung der von Kritikern so genannten „Null-Euro-Jobs“ angekündigt.

Für die neunmonatige Maßnahme sollen die Arbeitslosen gar keine Aufwandsentschädigung erhalten. Die Hälfte der Zeit soll allerdings aus einem „Bildungsteil“ bestehen. Wolfgang Völker hält die Maßnahme trotzdem für „völlig falsch“: „Es ist Irrsinn, von den Leuten zu verlangen, zu arbeiten und dafür keinerlei materielle Anerkennung zu bekommen.“ Vielmehr müsste man ihnen die Gelegenheit geben, einer regulären Beschäftigung nachzugehen.

Text und Foto: Benjamin Laufer