Drohende Energiearmut : Jobcenter helfen bei hohen Gas-Rechnungen

Heizen wird in diesem Winter zur Kostenfalle. Foto: Actionoress

Die warme Bude wird für viele in Hamburg unbezahlbar. Trotzdem soll niemand frieren müssen. Es gibt Hilfen. Und nicht jede Zahlungsaufforderung ist berechtigt.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Wer durch die hohen Energiepreise in existenzielle Not gerät, kann Anspruch auf Sozialleistungen wie Hartz IV haben – auch wenn man bislang nicht darauf angewiesen war. „Da darf keine falsche Scham bestehen“, rät der Chef des Hamburger Mietervereins, Rolf Bosse. Aufgrund einer Pandemieregelung steht sogar Vermögen von bis zu 60.000 Euro einem Anspruch nicht im Wege. Der Gang zum Jobcenter muss allerdings rechtzeitig passieren: Der Antrag muss im Monat der Fälligkeit der Nachzahlung gestellt werden.

Wer finanziellen Spielraum hat, dem Rät der Mieterverein, Rücklagen zu bilden, um drohende Nachzahlungen zu begleichen. Denn für die Mieter:innen wird es teuer, so viel ist sicher: Die Bundesnetzagentur geht von dreifachen Kosten fürs Gas aus. Direkt betroffen sind in Hamburg knapp 440.000 Haushalte, rund 42 Prozent werden hier mit Erdgas beheizt. Das ist weniger als der Bundesdurchschnitt, sagt der Mieterverein zu Hamburg. Aber auch wer zu Hause Fernwärme nutzt, muss sich auf hohe Heizkosten einstellen. Der Fernwärmepreis sei an die Gaspreise gekoppelt, warnt Vorsitzender Bosse. Damit beträfe die Kostenexplosion rund 416.000 weitere Hamburger Haushalte.

Hinzu kommt die Gasumlage, die ab Oktober mit 2,4 Cent pro Kilowattstunde zu Buche schlägt. Der Mieterverein rechnet vor: Bei einem jährlichen Durchschnittsverbrauch von 12.800 Kilowattstunden für Heizung und Warmwasser und einem durchschnittlichen Heizverhalten wären Bewohner:innen einer 80-Quadratmeter-Wohnung bis Ende des Jahres allein für die Umlage gute 122 Euro los.

Mieterverein rät zu Einsprüchen gegen Nebenkostenerhöhungen

Viele Mieter:innen dürften nach Bosses Einschätzung bald Schreiben von ihren Vermieter:innen im Briefkasten haben. Es sei gängige Praxis in der Wohnungswirtschaft, bei steigenden Nebenkosten höhere Vorauszahlungen zu verlangen. Das sei aber nicht ohne weiteres zulässig: „Der Vermieter darf Vorauszahlungen nur erhöhen, wenn vorher eine Abrechnung erfolgt ist“, erklärt Bosse. Und auch dann nur, wenn die Abrechnung tatsächlich ergibt, dass nachgezahlt werden muss. Fordert ein:e Vermieter:in eine Einmalzahlung, um gestiegene Gaskosten abzudecken, sei das in jedem Fall unzulässig. „Da gibt es keine Rechtsgrundlage, weil das Gesetz eine solche Zahlung gar nicht vorsieht“, erklärt der Mietervereins-Chef.

Bevor die steigenden Heizkosten die Kasse sprengen, rät der Mieterverein zu Hamburg zu folgenden Schritten:

  • Bei Forderungen von Vermieter:innen nach Vorauszahlung ohne vorherige Abrechnung der Heizkosten sollte Widerspruch eingelegt werden. Das geht formlos, es genügt eine Formulierung wie „Hiermit widerspreche ich der geforderten Vorauszahlung, da ich für die Forderung keine rechtliche Grundlage sehe.“
  • Fordern Vermieter:innen eine Einmalzahlung, gilt dasselbe.
  • Wer nicht genug verdient, um Rücklagen zu bilden oder Heizkosten-Nachzahlungen direkt zu begleichen, sollte einen ALG-II-Antrag beim Jobcenter stellen. Wichtig ist dabei, dass der Antrag spätestens in dem Monat gestellt wird, in dem die Nachzahlung fällig wird. Eine rückwirkende Kostenübernahme ist nicht möglich. Das Jobcenter prüft jeden Einzelfall, übernimmt also nicht automatisch die gesamten Mehrkosten.
  • Reicht die Rente nicht, kann das Grundsicherungsamt helfen. Auch hier gilt: Hilfe spätestens für den Monat stellen, in dem die Heizkostennachzahlung fällig wird.

Hamburg plant Härtefall-Fonds – für Energieversorger

Die Stadt Hamburg bereitet derzeit einen Härtefallfonds zur Unterstützung nicht-städtischer Energieversorger nach niedersächsischem Modell vor. Davon könnten letztendlich auch Menschen profitieren, bei denen andere soziale Hilfen nicht greifen, heißt es aus der Finanzbehörde. Wie genau, blieb zunächst offen. Noch ohne Ergebnis sind auch die Überlegungen des Senats, ob der städtische Versorger Hamburg Energie darauf verzichten könnte, die gestiegenen Preise in Form der Gasumlage an die Haushalte weiterzugeben.

Autor:in
Annabel Trautwein
Annabel Trautwein
Annabel Trautwein schreibt als freie Redakteurin für Politik, Gesellschaft und Kultur bei Hinz&Kunzt - am liebsten über Menschen, die für sich und andere neue Chancen schaffen.

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