Aus Griechenland  : Hamburg nimmt Geflüchtete auf – und erntet Kritik 

An Social Distancing und ausreichende Hygiene ist hier nicht zu denken: Das überfüllte Camp Moria auf der griechischen Insel Lesbos. Foto: Actionpress / Björn Kietzmann

Hamburg wird in den kommenden Wochen rund 40 Geflüchtete aus Griechischen Lagern aufnehmen. Dabei handelt es sich um kranke Kinder und ihre Familien. Das Bündnis Solidarische Stadt Hamburg und die Seebrücke Hamburg kritisieren den Auswahlmechanismus und die Unterbringung der Geflüchteten.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Die Aufnahme von 40 Geflüchteten aus griechischen Lagern geht dem Bündnis Solidarische Stadt Hamburg nicht weit genug: „Was die Hamburger Landesregierung hier betreibt, ist Rosinenpicken und die Infragestellung, welche Flüchtenden es überhaupt wert sind, unser Land zu betreten“, sagt Bündnissprecher Christian Lehmann-Feddersen. Er beklagt, dass Hamburg lediglich besonders schutzbedürftige Geflüchtete aufnehmen will, nämlich kranke Kinder und deren Familien.

Die Lager an den EU-Außengrenzen seien aber für alle Menschen tödlich, die dort Leben müssen: „Die Regierung sollte nicht ausschließlich aus Mitleid mit jungen Menschen handeln, sondern weil es ihre Verpflichtung ist, Flüchtende aufzunehmen“, sagt Lehmann-Feddersen.

Die angekündigte Aufnahme ist der Hamburger Beitrag zur Initiative von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), der angekündigt hat, 243 kranke Kinder sowie deren Familienmitglieder, insgesamt 928 Menschen, aus griechischen Lagern nach Deutschland zu holen. Hintergrund ist die prekäre Lage in den überfüllten griechischen Geflüchtetenlagern. Mit den rund 40 Menschen, die Hamburg nun aufnimmt, liege man sogar über der Anzahl Geflüchteter, die Hamburg nach dem Königsteiner Schlüssel aufnehmen müssste, betont Frank Reschreiter, Pressesprecher der Hamburger Innenbehörde gegenüber Hinz&Kunzt. Insgesamt sei Hamburg zur Aufnahme von 150 Menschen aus den griechischen Lagern bereit.

Infektionsherd Gemeinschaftsunterkunft

Die Seebrücke Hamburg nimmt derweil die Unterbringung von Geflüchteten in Gemeinschaftsunterkünften, wie der zentralen Erstaufnahme (ZEA) in Rahlstedt, in den Blick. „Die Institution Sammelstelle ist ein Infektionsherd. Dass hier kranke Menschen untergebracht werden, ist fatal“, sagt Sprecherin Lea Reikowski: „Ich kann mir nicht erklären, wie man eine Lagerhalle ohne medizinische Versorgung für sinnvoll hält, Menschen mit gesundheitlichen Problemen einzuquartieren.“ Auch das Robert Koch Institut warnt davor, dass die Übertragung des Corona-Virus in Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünften besonders hoch ist.

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Wo die 40 Geflüchteten langfristig leben, ist indes noch unklar. Fest steht lediglich: In Hamburg werden wegen der Corona-Pandemie alle neu ankommenden Geflüchteten zunächst für 14 Tage in Mehrbettzimmern in einer Unterkunft am Neuen Höltigbaum untergebracht. Wer nach zwei Wochen negativ getestet wird, wird dann in das sogenannte Ankunftszentrum in Rahlstedt verlegt und von dort in der Regel auf Folgeunterkünfte weiterverteilt. Für Lea Reikowski von der Seebrücke Hamburg ist das nicht hinnehmbar. Sie fordert: „die Schließung der Zentralen Erstaufnahmestelle Rahlstedt und die menschenwürdige Unterbringung aller aufgenommenen Geflüchteten.“

Autor:in
Lukas Gilbert
Lukas Gilbert
Studium der Politikwissenschaft in Hamburg und Leipzig. Seit 2019 bei Hinz&Kunzt. Zunächst als Volontär, seit September 2021 als Redakteur.

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