Forderung des Sozialverbands : Armutsbericht für die Stadtteile

Der Senat stellt sich nicht den sozialen Problemen in der Stadt, kritisiert der Landesvorstand des Sozialverbands Deutschland (SoVD). Und das, obwohl die soziale Spaltung zunimmt.

SozialberichtDeutliche Kritik formuliert der Hamburger Landesverband des SoVD am Sozialbericht des Senats. Die im Frühjahr präsentierte Erhebung bietet den ersten Überblick über die soziale Lage in der Stadt. „Aber es wurde der Eindruck vermitelt, dass die Hamburger Bevölkerung von Armut verschont geblieben ist“, so SoVD-Vorstand Klaus Wicher. Tatsächlich sind weite Teile der Bevölkerung ökonomisch abgesichert und haben einen guten Zugang zu Bildung, laut Bericht. Dies sei aber nur eine Seite der Medaille.

Denn zugleich sind immer mehr Menschen von Armut betroffen. Zahlen des Paritätischen Gesamtverbandes würden zeigen, dass seit 2008 das Armutsrisiko in Hamburg zugenommen habe. Knapp 15 Prozent der Bevölkerung würden weniger als 60 Prozent des durchschnittlichen Einkommens verdienen. „Betroffen sind hauptsächlich Familien“, so Wicher. „Das ist besonders fatal. Denn Kinder sind die Lebensversicherung einer Gesellschaft.“

Gefährdet sind vor allem Alleinerziehende. Ihr Armutsrisiko ist mehr als drei Mal so hoch wie bei Paaren. Insgesamt leben in Hamburg etwa 58.000 Kinder in Armut. „Diese Kinder trauen sich nicht, ihren Geburtstag zuhause zu feiern, weil sie sich für ihr Umfeld schämen“, so Wicher. „Und mit ihren Freunden können sie nicht ins Kino gehen.“

Zugleich hat auch die Altersarmut stark zugenommen. Insgesamt liegt Hamburg mit einer Armutsquote von aktuell 17,7 Prozent deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 14,8 Prozent. Und etwa ein Drittel aller Hilfeempfänger habe seit der Einführung von Hartz IV im Jahr 2005 nicht mehr den Weg aus dem Hilfesystem heraus in reguläre Arbeit gefunden, kritisiert Wicher. Auf diese alarmierenden Zahlen steht aus Sicht des SoVD eine Reaktion des Senats noch aus. Deswegen hat der Verband sein Gesprächsangebot an den Senat jetzt erneuert. Denn der Sozialbericht stelle lediglich die Gesamtentwicklung dar. Über die Veränderungen in den einzelnen Stadtteilen sage der Bericht nichts aus. „Die soziale Spaltung in der Stadt, die zunehmen spürbar ist, hat der Bericht nicht erfasst“, kritisiert Wicher. Er fordert deswegen statt der Generaluntersuchung eine kleinteilige Analyse. „Nur so kann gezielt gegen Armut vorgegangen werden.“

Text und Foto: JOF