Wohnraumschutz : Streit über Leerstände

Einer der bekanntesten Leerstände Hamburgs: das „Geisterhaus" mitten auf der Schanze. Foto: JOF.

1740 Wohnungen standen bis Ende Mai länger als vier Monate leer. Der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Jens Wolf wirft dem Senat vor, er kümmere sich zu wenig um den Wohnraumschutz. Nun reagiert der am meisten von Leerständen betroffene Bezirk Mitte.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Jens Wolf ist sauer: „Der Senat geht das Thema nicht engagiert genug an“, sagt der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete in einem dpa-Interview. Was Wolf aufstößt: Wie die Stadt mit Eigentümern und Vermietern umgeht, die Wohnraum länger als vier Monate leer stehen lassen. In einer Antwort auf seine schriftliche Anfrage hat er es gerade Schwarz auf Weiß bekommen: Insgesamt 1740 Wohnungen standen bis Ende Mai in der Stadt leer. Eine „beachtliche Zahl“, so Wolf.

In Sachen Wohnraumschutz komme der Senat einfach nicht vom Fleck. „Viel wurde angekündigt, umgesetzt wenig“, so Wolf. Beispiel: der Bezirk Mitte. Hier sind mit 792 die meisten Leerstände im Stadtgebiet zu verzeichnen. Doch sei hier bis Ende Mai weder ein Bußgeld verhängt noch eine Ordnungswidrigkeitsanzeige wegen Zweckenfremdung gestellt, kritisiert Wolf.

Zum Hintergrund: Laut Hamburgischem Wohnraumschutzgesetz müssen Leerstände von mehr als vier Monaten bei der so genannten Wohnraumschutzdienststelle gemeldet werden – ansonsten drohen Bußgelder bis zu 500.000 Euro. Das Problem: Einer Vielzahl von Fällen stehen nur sehr wenige Mitarbeiter gegenüber, die die Leerstände verfolgen können. Im Bezirk Mitte sind es derzeit drei.

Bezirk Mitte: „Berechtigter“ Leerstand

„Es stimmt nicht, dass wir zu wenig gegen Leerstand tun“, sagt Sorina Weiland, Sprecherin des Bezirksamtes Mitte auf Hinz&Kunzt-Nachfrage. Unter den knapp 800 Leerständen im Bezirk entfalle ein Großteil auf Grundmodernisierungen oder Neubauten von SAGA und Genossenschaften, etwa im Weltquartier in Wilhelmsburg. „Das sind keine Wohnungen, die leer stehen und nicht vermietet werden.“ SAGA und Genossenschaften hätten ein großes Interesse daran, die Wohnungen „zügig wieder zu belegen“, so Weiland. Es handele sich hierbei um „berechtigten“ Leerstand.

„Botschaft an alle Immobilieneigner“
Erfolgreiche Zwangsvermietung
„Botschaft an alle Immobilieneigner“
Nach jahrelangem Leerstand hat der Bezirk Mitte endlich durchgegriffen und in der Ohlendorffstraße sechs Wohnungen zwangsvermietet. Vor fast 20 Jahren hatte sich erstmals ein Hausbewohner über den Leerstand beschwert.

Im Gegensatz dazu gebe es Fälle wie jenem aus dem vergangenen Jahr: In Hamm hatte ein Vermieter über Jahre weder auf Zwangsgeldandrohungen und Strafgelder in Höhe von 18.000 Euro nicht reagiert und sechs Wohnungen weiter leer stehen lassen. Der Bezirk setzte darauf einen Treuhänder ein, der die Wohnungen zwangsvermietete.

Von solchen „schwarzen Schafen“ gebe es in der Stadt jedoch „maximal eine Handvoll“, sagte die Bezirksamtssprecherin. „In unserem Bezirk ist uns aktuell kein Fall bekannt“, so Weiland weiter. Zuletzt hatte im März 2019 der Fall des „Schimmelhauses“ im Bezirk Eimsbüttel Schlagzeilen gemacht: Der Bezirk verpflichtete auch hier den Eigentümer, die leerstehenden Wohnungen bis zum geplanten Abriss des Hauses zu vermieten.

Autor:in
Simone Deckner
Simone Deckner
Simone Deckner ist freie Journalistin mit den Schwerpunkten Kultur, Gesellschaft und Soziales. Seit 2011 arbeitet sie bei Hinz&Kunzt: sowohl online als auch fürs Heft.

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