Tote Obdachlose : Hilflos auf der Straße gestorben

Zwei Obdachlose wurden am Sonntag in Hamburg tot aufgefunden, einer an den Landungsbrücken, der zweite in der Nähe des Michel. Woran sie gestorben sind, weiß die Polizei nicht, schließt Fremdverschulden und Erfrieren aber aus. In den Unterkünften des städtischen Erfrierungsschutzes hätten die Männer noch Platz gehabt. Doch um zu verhindern, dass Menschen auf der Straße sterben, reicht auch das größte Hamburger Winternotprogramm, das es je gab, nicht aus. 

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In einer Passage an der Ludwig-Erhardt-Straße fand eine Passantin am Sonntag einen Obdachlosen, der in seinem Schlafsack gestorben war.

In der Hamburger Innenstadt sind am Wochenende zwei Obdachlose auf der Straße gestorben. Am frühen Sonntagmorgen wurde ein lebloser Mann an den Landungsbrücken gefunden, Rettungskräfte stellten seinen Tod fest. Laut Polizei handelt es sich um einen 41-Jährigen, der vermutlich aus Polen stammt. Am Nachmittag wurde an der Ludwig-Erhardt-Straße in der Nähe des Michel der Tod eines weiteren Mannes festgestellt. Der Obdachlose starb laut einem Bericht der Bild-Zeitung in seinem Schlafsack. Eine Passantin, die dem Obdachlosen Geld geben wollte, habe die Polizei alarmiert. Die Identität des Mannes ist laut Polizei noch nicht geklärt.

Der Tote, der an der Ludwig-Erhardt-Straße gefunden wurde, wurde in die Rechtsmedizin des Universitätsklinikums Eppendorf gebracht und in Augenschein genommen. Eine Obduktion zur Klärung der Todesursache will die Polizei nicht anordnen.

Denn Fremdverschulden am Tod der Männer schließt die Polizei aus. Auch dass die Obdachlosen bei einstelligen Temperaturen erfroren sein könnten, sei „unwahrscheinlich“.

Im städtischen Winternotprogramm wäre für die Männer noch Platz gewesen. Von den insgesamt 704 Plätzen, die Hamburg seit November als Erfrierungsschutz für Obdachlose bereithält waren bisher in keiner Nacht alle besetzt. Zum Jahreswechsel waren es gut 500 Menschen, die das Angebot in den Unterkünften Pik As, in der Spaldingstraße und zwei weiteren Unterkünften in Horn und in Wandsbek nutzten.

Das war in den vergangenen Jahren anders. Das Winternotprogramm 2012/2013 nutzen Nacht für Nacht rund 1000 Menschen, alle Unterkünfte waren voll oder überbelegt. Dass das diesmal anders ist, mag am verhältnismäßig milden Winter liegen oder daran, dass die Stadt das bisher größte Programm dieser Art aufgelegt hat.

„Der Tod der beiden obdachlosen Männer macht mich traurig. Es gibt noch genügend freie Plätze, niemand muss in kalten Nächten auf Hamburgs Straßen schlafen“, sagt Senator Detlef Scheele. „Das soziale Hilfesystem der Stadt ist darauf ausgerichtet, einen Weg aus der Obdachlosigkeit zu finden. Mit Blick auf die derzeitige Wetterprognose appelliere ich, das kostenlose und anonyme Angebot des Winternotprogramms zu nutzen.“

Für Hinz&Kunzt-Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer reicht reiner Erfrierungsschutz als Hilfe für Obdachlose allerdings nicht aus. „Es ist unerheblich, ob die Männer erfroren sind, eine Lungenentzündung hatten oder alkoholisiert waren“, sagt Hinz&Kunzt-Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer. Offenbar sei den Obdachlosen kein passendes Hilfeangebot gemacht worden. „Jeder Mensch braucht ein Zimmer, in dem er zur Ruhe kommt und selbst entscheiden kann, wann er die Tür auf und wann er sie zu macht“ Hinz&Kunzt fordert das seit Jahren. Stephan Karrenbauer warnt: Solange nicht jeder sein eigenes Dach über dem Kopf habe, werde es weiterhin Menschen geben, die Notunterkünfte und Erfrierungsschutz meiden. „Und so lange werden auch weiter Menschen auf der Straße verelenden und sterben.“

Unter der Telefonnummer 428 28 5000 können Bürger sich melden, wenn sie einen Obdachlosen auf der Straße sehen, der offensichtlich Hilfe benötigt. In akuten Fällen sollten Polizei oder Feuerwehr gerufen werden.

BEB/JOF

Foto: bildarchiv-hamburg.de