Innenbehörde : Verbote sollen Probleme am Hauptbahnhof lösen

Platzt aus allen Nähten: der Hamburger Hauptbahnhof. Foto: Mauricio Bustamante.

Die Stadt plant ein Waffen- und Alkoholverbot an Hamburgs größtem Bahnhof. Die Maßnahmen sind umstritten.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Ab Oktober gilt im Hamburger Hauptbahnhof, auf den Vorplätzen, dem ZOB und den Wegen dazwischen ein Waffenverbot. Auch ein Alkohol­konsumverbot will Innensenator Andy Grote (SPD) durchsetzen. Maßnahmen, die für normale Reisende keine Rolle spielen, aber manche hart treffen.

Seit Monaten werden am Hauptbahnhof und in den benachbarten Einkaufsstraßen Bettelnde und Obdachlose vertrieben (H&K März 2023). Die Kriminalitätsstatistik befeuert den Ruf nach hartem Durchgreifen. Kein Bahnhof zählt bundesweit mehr Gewalttaten. Aber auch kein Bahnhof ist stärker frequentiert. Mit seinen rund 550.000 Gästen täglich liegt Hamburg weit vor anderen Metropolen wie Berlin (330.000) oder Köln (320.000). Setzt man die Menge der ­Gewaltdelikte in diesen Städten ins Verhältnis zu den Nutzer:innen, rangieren deren Bahnhöfe deutlich vor Hamburgs Hauptbahnhof – wie im Übrigen auch die S-Bahnhöfe Reeperbahn und Harburg.

Schon seit dem Frühjahr kontrollieren Polizei und Bundespolizei in ­einer Allianz mit privaten Sicherheitsdiensten der Deutschen Bahn und der Hochbahn. Wer die Kontrollierten sind, dazu geben die beteiligten ­Akteure keine Daten preis. Ein Alkohol­konsumverbot halten die ­Regierungsparteien Grüne und SPD trotzdem für „sinnvoll“. Von „Schikane“ gegenüber Obdachlosen und Suchtkranken spricht dagegen die Linke. In der ­Drogenhilfeeinrichtung Drob Inn blickt man vor allem sorgenvoll auf das ­Waffenverbot. Werden ihre Klient:innen künftig kontrolliert und mit Bußgeldern belegt, drohen sie den Hilfsangeboten fernzubleiben, sagt Leiterin Christine Tügel. Denn viele Drogenabhängige hätten kleine Messer als Werkzeuge dabei. „Damit kratzen sie ­ihre Crackpfeifen aus.“ 

Dass Verbote und Kontrollen allein die Probleme nicht lösen ­werden, scheint allerdings auch der Politik klar zu sein. Mit einer zusätz­lichen ­Tagesaufenthaltsstätte für ­­Obdachlose und zwei neuen Straßen­sozialarbeiter:innen hat die Stadt ihr Angebot bereits erweitert.

Artikel aus der Ausgabe:

Verloren in der digitalen Welt

Digital ist schneller, einfacher, besser? Nicht unbedingt, wie unser Schwerpunkt zur Digitalisierung und den Problemen der Teilhabe deutlich macht. Außerdem: In einem ehemalige Hotel im Wienerwald bekommen Obdachlose wieder Boden unter den Füßen – mithilfe von eigensinnigem Federvieh. Und: Warum ein Graffiti auf dem Kemal-Altun-Platz in Ottensen von niemandem angetastet wird.

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Autor:in
Jonas Füllner
Jonas Füllner
Studium der Germanistik und Sozialwissenschaft an der Universität Hamburg. Seit 2013 bei Hinz&Kunzt - erst als Volontär und inzwischen als angestellter Redakteur.