Leerstand Juliusstraße : „Geisterhaus“ sucht Bewohner

Jahre lang stand das Eckhaus am Schulterblatt neben der Roten Flora leer. Jetzt sucht der Eigentümer endlich nach Mietern für den Neubau. Allerdings für viel Geld: Stolze 14,96 Euro beträgt der Nettokaltpreis pro Quadratmeter.

Juliusstrasse40
Im dritten Stock wird noch gearbeitet. Auch diese Wohnung soll bald zur Vermietung bereit stehen.

Das Eckhaus neben der Roten Flora auf dem Schulterblatt sucht neue Mieter. Jahre lang ließ Eigentümer Ernst August Landschulze das Gebäude leer stehen. Doch jetzt ist er an einer Vermietung interessiert. Denn mit dem Slogan „Mehr geht nicht“ preist das Unternehmen Jendreiek Immobilien im Internet eine Wohnung im ersten Stock an. „Ja, die Wohnung steht zur Vermietung bereit“, bestätigt eine Mitarbeiterin. „Eine weitere Wohnung im dritten Stock wird gerade fertig gestellt und dann ebenfalls angeboten.“

Das überrascht: Denn bislang sorgte der Eigentümer mit seiner Blockadehaltung nur für negative Schlagzeilen. Bereits im Juli 2010 hatte Rechtsanwalt Marc Meyer von Mieter Helfen Mietern den Leerstand dem Bezirk gemeldet. Auf Grundlage des Wohnraumschutzgesetzes wollte der Mieterverein erreichen, dass die Wohnungen wieder dem Wohnungsmarkt zugeführt werden. Auf Nachfrage bestätigte das Bezirksamt Altona allerdings zuletzt im April 2014, dass im gesamten Stadtteil keine Bußgelder verhängt und keine Zwischenvermietung angeordnet wurden.

Als dann allerdings 2011 Stadtteilaktivisten das Gebäude besetzten, landete das „Geisterhaus“ sogar auf den Titelseiten der lokalen Medien. Bewirkt hat die Aktion allerdings nichts. „Wenn der Eigentümer leerer Wohnungen nur einmal im Jahr ein paar Handschläge macht, sind der Behörde rechtlich die Hände gebunden“, beschrieb Meyer beschrieb 2010 in Hinz&Kunzt das rechtliche Dilemma. Vergeblich forderte er damals ein, die Vermieter stärker unter Zugzwang zu setzen.

Bei Mieter helfen Mietern vermutete man, dass Eigentümer Landschulze das Haus in der Juliusstraße 40 aus Spekulationsgründen leer stehen ließ. Vor einigen Jahren baute er das Eckhaus nach alten Plänen wieder auf. Eventuell hoffte er auf einen lohnenswerten Weiterverkauf. Allerdings verblieb eine Altmieterin, die nach Angaben von Jendreiek Immobilien alle Angebote für einen Auszug ausschlug. Mit ihrer Blockadehaltung habe sie vielmehr die Fertigstellung einer Wohnung im zweiten Stock blockiert, so Jendreiek Immobilien.

Die Mieterin ist immer noch da. Wie es jetzt zu dem Gesinnungswandel kam und warum die erste Wohnung zur Vermietung feil geboten wird, bleibt offen. Für Eigentümer Landschulze wird es sich lohnen: Stolze 14,96 Euro beträgt der Nettokaltpreis pro Quadratmeter in der angebotenen Wohnung. „Jeder seriöse Vermieter hätte die Wohnungen vor fünf Jahren fertig gestellt und angeboten“, sagt Meyer, der den Preis für unangemessen hält. Denn laut Hamburger Mietenspiegel liegt der Mittelwert hier bei 9,72 Euro pro Quadratmeter. „Aber das Schanzenviertel ist angesagt und der Wohnungsmarkt unfassbar angespannt. Man kann also davon ausgehen, dass sich auch dafür ein Mieter findet.“ Ein kurzer Blick auf Wohnungsangebote verrät, dass solch hohe Mietpreise im Schanzenviertel längst Normalität sind. So verlangt das Immobilienunternehmen Akelius in der Augustenpassage aktuell sogar 17,12 Euro pro Quadratmeter, obwohl der Mittelwert der ortsüblichen Vergleichsmiete sogar nur 8,80 Euro pro Quadratmeter beträgt.

Immerhin: Ab 2015 ist das nicht mehr möglich. Die Bundesregierung führt die Mietpreisbremse ein. Mietpreise von mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete sind dann verboten. Ist das der Grund, warum Eigentümer Landschulze seine Wohnung so plötzlich auf den Markt wirft? Nein. Denn zahlreiche Ausnahmeregelungen sorgen dafür, dass Neubauten von der Mietpreisbreme ausgenommen sind.

Text und Foto: Jonas Füllner