Diakonie und Caritas kontern Kritik : 134 Obdachlose schlafen bereits im Hotel

Hotel statt Straße - Hinz&Kunzt-Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer besucht den Obdachlosen Reiner im Bedpark in der Stresemannstraße. Foto: Mauricio Bustamante

Diakonie, Caritas, Alimaus und Hinz&Kunzt holen immer mehr Menschen von der Straße. In der Nacht auf heute schliefen bereits 134 Obdachlose in einem Hotelbett. Auf Unverständnis stößt bei den Trägern die behördliche Kritik an der Unterbringung.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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Gegenüber Hinz&Kunzt hatte die Sozialbehörde bereits Anfang April moniert, dass eine Unterbringung „dezentral in Hotels kaum zu gewährleisten“ sei. Dank einer großzügigen Spende der Reemtsma Cigarettenfabrik konnten Hinz&Kunzt, Diakonie und Alimaus jedoch in der vergangenen Woche eine besondere Hilfsaktion starten: Für die Unterbringung von 250 Obdachlose steht ausreichend Geld bereit, damit sie Schutz vor dem Coronavirus in Einzelzimmern in Hotels erhalten.

Gegenüber der Mopo stellte ein Behördensprecher jetzt allerdings in Frage, ob bei der Hotelunterbringung der freien Träger tatsächlich auch Betreuung und Beratung sichergestellt seien.

„Alle obdachlosen Menschen, die in einem Hotel untergebracht werden, sind einem festen Straßensozialarbeiter zugeordnet“, stellt Julien Thiele, Straßensozialarbeiter der Caritas, klar. Er unterstützt zusammen mit Sozialarbeiter*innen von Diakonie, Hinz&Kunzt, Hude und anderen Trägern die Obdachlosen. „Somit kann keine Rede davon sein, dass diese Menschen nicht beraten oder gar begleitet werden.“

„Alle obdachlosen Menschen, die in einem Hotel untergebracht werden, sind einem festen Straßensozialarbeiter zugeordnet.“– Straßensozialarbeiter Julien Thiele

Auch Stephan Karrenbauer, politischer Sprecher von Hinz&Kunzt, befremdet die Kritik aus der Sozialbehörde. „Die Hotelunterbringung ist ein guter Anfang“, sagt Karrenbauer. „Wir denken schon, dass die Experten der Wohnungslosenhilfe sehr genau wissen, was für diese Menschen das Richtige ist.“

Hinz&Kunzt und Diakonie pochen seit Wochen darauf, dass während der Corona-Pandemie eine Unterbringung in Massenunterkünften mit 300 Personen nicht richtig sein kann. Gemeinsam fordern sie deshalb die Einzelunterbringung für alle Obdachlosen. „Obdachlose gehören zur Hochrisikogruppe“, sagt Johan Graßhoff, Straßensozialarbeiter der Diakonie. „In den Großunterkünften ist das erforderliche Abstandsgebot nicht gewährleistet. Aus diesem Grund ist die Unterbringung in Hotelzimmer momentan auch der einzige Weg, um auch diese Menschen zu schützen.“

Diakonie und Caritas haben deswegen eine Stellungnahme veröffentlicht, in der sie die wesentlichen Fragen zur Hotelunterbringung zusammenfassen.

FAQ zur Hotelunterbringung

Ist die Unterbringung von Obdachlosen in Hotels überhaupt sinnvoll, wenn sie nicht gleichzeitig beraten und betreut werden und z.B. Therapie angeboten wird?

Ja, denn obdachlose Menschen gehören fast alle zur Hochrisikogruppe. Deshalb kommt es jetzt vor allem anderen darauf an, sie durch Kontaktreduzierung vor Ansteckung zu schützen. Beratung und Betreuung in Massenunterkünften schützt sie nicht vor dem Corona-Virus.

Warum reicht die Unterbringung im städtischen Winternotprogramm nicht aus?

Dort gibt es doch auch eine lockerere Unterbringung und Infizierte werden separat untergebracht. Die Massenunterbringung leistet zur Zeit nicht, was jetzt vorrangig ist: Obdachlose Menschen vor Infektionen schützen. Außerdem sind die Unterbringungsbedingungen vielfach so, dass die Betroffenen sich nicht wirklich ausruhen können. Aus Angst vor Ansteckung und Stress bleiben viele lieber auf der Straße statt in die großen Unterkünfte zu gehen.

Wie läuft Unterbringung der obdachlosen Menschen in den Hotels genau ab?

Die Obdachlosen werden von unseren Straßensozialarbeiterinnen und Straßensozialarbeitern und den Beratungsstellen in die Hotels vermittelt und dorthin begleitet. So wissen wir genau, wer in welchem Hotel ist und wir schauen immer wieder vorbei. Das ist besser, als wenn Obdachlose weiter auf der Straße schlafen, wo wir sie nicht so gut erreichen und sie gesundheitlich viel gefährdeter sind.

Autor:in
Jonas Füllner
Jonas Füllner
Studium der Germanistik und Sozialwissenschaft an der Universität Hamburg. Seit 2013 bei Hinz&Kunzt - erst als Volontär und inzwischen als angestellter Redakteur.