Ein Modellversuch auf der Veddel zeigt, wie Kranke in armen Quartieren besser versorgt werden können. Lukas Waidhals ist „Community Health Nurse“ – und hat vor allem Zeit.
An diesem Morgen, auf dem Weg zur Arbeit, ist Lukas Waidhas wieder die alte Dame in den Sinn gekommen. Die Frau, um die 80, hat seit Längerem eine auffällige Hautveränderung im Gesicht. In eine Arztpraxis geht sie aber – aus unklaren Gründen – nur im äußersten Notfall. „Ich habe sie jetzt so weit, dass eine Hausärztin mal zu ihr nach Hause kommen und draufschauen darf“, erzählt der 31-jährige Krankenpfleger. Seine Befürchtung: Es könnte Hautkrebs sein. Nun will er einen Termin für den Hausbesuch vereinbaren.
Lukas Waidhas ist der Mann für die komplizierten Fälle. Gemeinsam mit einer Kollegin teilt er sich eine Stelle als „Community Health Nurse“ auf der Veddel. Eine treffende deutsche Bezeichnung für ihre Arbeit gibt es nicht, Gemeindepfleger:in trifft es am besten, auch Gesundheitsmanager:in passt. Denn Waidhas bietet regelmäßig Sprechstunden an – in einem kleinen Raum im Erdgeschoss eines Wohnblocks, den er sich mit Hebammen teilt. Wer seinen Rat sucht, erfährt beispielsweise, was die Zuckerkrankheit Diabetes für Betroffene bedeutet, wie man den Blutdruck richtig misst, welche Hilfen es für Pflegebedürftige gibt oder warum sich bestimmte Medikamente nicht mit anderen vertragen. Der Krankenpfleger nimmt sich die Zeit, die Ärzt:innen meist nicht haben. Und wenn er von Menschen hört, die krank sind und noch keine Hilfe bekommen, ruft er bei ihnen an und besucht sie auch, sofern sie einverstanden sind.