City-Hof Abriss : „Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen!“

Marco Hosemann setzt sich mit der Initiative City-Hof e.V. für den Erhalt des denkmalgeschützten Gebäudeensembles ein. Foto: Dmitrij Leltschuk.

Der City-Hof darf abgerissen werden. Die Genehmigung dafür hat die Stadtentwicklungsbehörde nach langem Hin und Her am Mittwoch erteilt. Marco Hosemann engagiert sich seit 2014 für den Erhalt und die Sanierung der denkmalgeschützten Hochhäuser. Er sagt: Der Kampf ist noch lange nicht verloren.

Hinz&Kunzt Randnotizen

Freitags informieren wir per Mail über die Nachrichten der Woche:

Vor der Entscheidung hatte ein Beratungsgremium der Unesco (Icomos) seinen Abschlussbericht vorgelegt. Darin wird der Abriss der vier denkmalgeschützten Hochhäuser aus den 50er Jahren „bedauert“ – der Welterbestatus des nahen Kontorhausviertels und der Speicherstadt aber nicht als gefährdet angesehen. So jedenfalls interpretiert die Stadt den Bericht.

Marco Hosemann sieht das anders. Er engagiert sich seit 2014 in der Initiative City-Hof dafür, das Gebäudeensemble zu erhalten. Wie geht es nach der Entscheidung zum Abriss für die Initiative jetzt weiter?

Hinz&Kunzt: Marco, wie enttäuscht bist du über die Genehmigung für den Abriss?

Marco Hosemann: Das war ja zu erwarten. Wir haben schon kurz bevor Icomos im August 2018 die Arbeit aufgenommen hat, die Strategie des Senats erkannt. Dass er es jetzt auf die Frage fokussieren möchte, ob der Abriss negative Auswirkungen auf das Welterbe hat. Der Senat will Tatsachen schaffen und über den Neubau dann später sprechen – nachdem er das Denkmal unwiederbringlich abgerissen und damit die Möglichkeit einer Sanierung endgültig aus dem Weg geräumt hat. Wenn das Projekt noch scheitern könnte, was ja ein mögliches Szenario ist …

„Der Senat will Tatsachen schaffen.“– Marco Hosemann

Wie könnte es denn noch scheitern? Die Abrissgenehmigung ist da.

Hosemann: Aber in dem Icomos-Bericht wird ja weitaus mehr gesagt! Da geht es auch um den Neubau. Es gibt Formulierungen wie: „Wenn der City-Hof abgerissen und durch ein Gebäude mit Backsteinfassade ersetzt wird, sind die negativen Auswirkungen größer als der Verlust dieses einen Gebäudes.“ Aber das blendet der Senat aus.

Man kann den Bericht also sehr viel kritischer interpretieren?

Hosemann: Ja, wenn man sich den Icomos-Bericht genau durchliest, dann würde man auf dessen Grundlage eher Abstand von den Abrissplänen nehmen, ganz klar.

„Erwarte Kritik der Unesco am Neubau“

Wie geht es jetzt in Sachen Neubau weiter?

Hosemann: Ich erwarte auch noch von der Unesco Kritik an dem Neubau. Die Aussage ist, dass ein Neubau sich an der jetzigen Bestandsbebauung orientieren muss. Das tut der Siegerentwurf gar nicht. Der Neubau ist eine abgeschossene Mauer, die nahezu vollständig die Sichtbeziehung auf das Welterbe verstellen wird. Deshalb bin ich fest davon überzeugt, dass die Unesco sagt: So nicht! Ihr müsst stark reduzieren.

So sieht der Siegerentwuf für den neuen City-Hof aus. Foto/Visual: KPW Architekten.

Es gab ja beim Architekturwettbewerb damals schon die Kritik des Sachverständigen, dass mit der jetzt zugelassenen Bruttogeschossfläche von fast 50.000 Quadratmetern nichts herauskommen kann, was mit dem Welterbe zu vereinbaren ist. Trotzdem wurde ein Gewinnerentwurf gekürt. Der wurde später noch einmal überarbeitet – minimal. Da wurde der südliche Teil um ein Geschoss reduziert, aber im nördlichen Teil aufgestockt. Daran kann man ablesen, dass der Investor Aug. Prien um jeden Quadratmeter ringt.

Initiativen fordern Erhalt statt Abriss
Soziales Zentrum in den City-Hof?
Sozialwohnungen und Raum für soziale Einrichtungen statt Abriss und Neubau: Hamburger Initiativen haben ihre Pläne für den City-Hof am Klosterwall vorgestellt. Sie wollen für den Erhalt der Gebäude kämpfen.

Warum hält der Senat so stark an den Abrissplänen fest? Geht es da ums Geld?

Hosemann: Die überwiegenden öffentlichen Belange sind es nicht, denn die sind an den Haaren herbeigezogen. Wenn man sagt, wir wollen das Denkmal abreißen, damit wir dort Wohnungen bauen können …

… die Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapfelfeld (SPD) argumentiert so.

Hosemann: Genau, aber Wohnungen können genauso gut im bestehenden City-Hof angesiedelt werden, wie der Entwurf von GMP Architekten gezeigt hat. Ich glaube, da steckt eine ganze Menge falscher Stolz dahinter: Man hat diesen Plan vor Jahren gefasst und wahrscheinlich damals die Probleme noch nicht so gesehen. Jetzt will man sie nicht sehen.

Und ja, da ist auch schon eine Menge Geld geflossen: Allein der Architekturwettbewerb, den Aug. Prien durchgeführt hat, hat eine halbe Million Euro gekostet. Die ganze Sicherung, die Erde, die da bewegt, die ganzen Leitungen, die schon verlegt wurden. Ich schätze, zwischen 1,5 bis 2 Millionen Euro sind das schon. Da guckt der Senat schon genau hin, dass er da jetzt nicht noch mehr negative Presse bekommt. Da wird sich der Bund der Steuerzahler drauf stürzen.

Was geschieht mit dem denkmalgeschütztem City-Hof aus den 50er Jahren? Foto: Dmitrij Leltschuk.

Wenn dann doch die Bagger anrollen: Wird sich die Initiative vor dem City-Hof postieren?

Hosemann: Wie gesagt, das letzte Wort ist noch nicht gesprochen. Es werden jetzt auch nicht morgen die Abrissbagger vor der Tür stehen. Erst muss eine Asbestsanierung durchgeführt werden. Dafür muss der City-Hof komplett eingerüstet werden, da müssen alle Eternitplatten vorsichtig abgeschraubt werden, sprich: das ist auch noch mal ein großes Zeitfenster. Dieser Arbeitsschritt wäre ja auch nötig für eine Sanierung. Ich denke da auch an das Haus der Statistik in Berlin. Da hatte man auch schon angefangen, abzubrechen und hat da schon die Fenster rausgehauen. Das stand jahrelang so da und man konnte annehmen, dass das bald abgerissen wird. Jetzt will Berlin das sanieren.

Ihr habt die Hoffnung also noch nicht aufgegeben?

Hosemann: Wir werden tatsächlich bis zum bitteren Ende kämpfen – und auch darüber hinaus: Uns ist es ja auch wichtig für das Welterbe einzutreten. Wenn wir den City-Hof nicht retten können, versuchen wir weiterhin das Welterbe vor der Katastrophe zu retten.

Autor:in
Simone Deckner
Simone Deckner
Simone Deckner ist freie Journalistin mit den Schwerpunkten Kultur, Gesellschaft und Soziales. Seit 2011 arbeitet sie bei Hinz&Kunzt: sowohl online als auch fürs Heft.

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