Berliner Regelung : Bundesverfassungsgericht kippt Mietendeckel

Seine mehr als 100.000 Mieter*innen in Berlin will der Konzern Deutsche Wohnen jetzt zur Kasse bitten. Die Wohnungskonzern Vonovia und LEG hingegen kündigten bereits einen Verzicht auf Nachzahlungen an. Foto: Tim Reckmann / pixelio.de

Karlsruhe hält den vor einem Jahr eingeführten Mietendeckel für verfassungswidrig. Tausenden Mieter*innen drohen jetzt hohe Nachzahlungen.

Hinz&Kunzt Randnotizen

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13,45 Euro pro Quadratmeter – und damit zwei Euro mehr als noch vor acht Jahren – betrug im vergangenen Jahr die Durchschnittsmiete in Hamburger Wohnungsannoncen. Nicht nur in Hamburg, auch in Berlin klettern die Preise seit Jahren in die Höhe. Um die Mietpreisexplosion zu stoppen, hatte der rot-rot-grüne Senat deswegen im vergangenen Jahr einen Mietendeckel erlassen. Erlaubte Höchstmiete bei Neuvermietungen: 9,80 Euro pro Quadratmeter. Auch überhöhte Altmietverträgen wollte die Politik verhindern und räumte Mieter*innen vor einem halben Jahr das Recht auf Preisabsenkungen ein.

„Wir hatten natürlich die Hoffnung, dass dadurch auch Bewegung in die Hamburger Mietpolitik kommt“, sagt die Geschäftsführerin von Mieter helfen Mietern Silvia Sonnemann. Die Entscheidung in Karlsruhe stimme sie „sehr traurig“. Das Bundesverfassungsgericht hat am Donnerstag einem Antrag von CDU- und FDP-Abgeordneten stattgegeben und den Berliner Mietendeckel für verfassungswidrig erklärt. Begründung: Mietrecht ist Bundesangelegenheit.

„Die Begründung aus Karlsruhe fällt sehr schlank aus“, sagt Sonnemann. Sie habe erwartet, dass das Gericht einzelne Punkte des Mietendeckels kippen, aber den Ländern die Möglichkeit zur Begrenzung der Mieten weiterhin zusprechen würde. Die jetzt vorliegende Entscheidung mache diese Hoffnung zunichte. Ein Rückschlag auch für die SPD in Hessen, die in den vergangenen Wochen im Kommunalwahlkampf für einen Mietendeckel warb.

Mehr als nur ärgerlich, sondern vielmehr ein richtiger Schock dürfte die Nachricht von der Gerichtsentscheidung jetzt für die rund 340.000 Mieter*innen in Berlin sein, die von dem Mietendeckel profitierten. Ihnen drohen teilweise hohe Nachzahlungen. „Im Senat werden wir am Dienstag über die Konsequenzen aus dem Urteil beraten“, kündigt Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (Linke) an. „Dabei sieht sich der Senat auch in der Verpflichtung, sozial verträgliche Lösungen für Mieterinnen und Mieter zu entwickeln.“

Die Hamburger Abgeordnete Heike Sudmann von der Linksfraktion springt dem Berliner Senator bei. „Der Berliner Mietendeckel war ein Akt der Notwehr gegen die explodierenden Mieten“, erklärt die Wohnungspolitikerin. Sie sieht jetzt den Bund in der Verantwortung, einen gesetzlichen Rahmen für einen Mietendeckel zu schaffen. Sudmann: „Politik darf nicht einfach vor dem Markt kapitulieren – sie muss eingreifen und regulieren.“

Autor:in
Jonas Füllner
Jonas Füllner
Studium der Germanistik und Sozialwissenschaft an der Universität Hamburg. Seit 2013 bei Hinz&Kunzt - erst als Volontär und inzwischen als angestellter Redakteur.

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