Arbeitnehmerfreizügigkeit : Brüssel stellt Leitfaden vor

EU-Kommissar László Andor hat sich in die Diskussion um Missbrauch von Sozialleistungen durch EU-Bürger eingeschaltet. Eine pauschale Verweigerung von Sozialhilfe sei europarechtlich fragwürdig. Allerdings müsse jeder Einzelfall geprüft werden. Ein neuer Leitfaden soll dies erleichtern.

Bericht Besch‰ftigung in Europa 2010 in Br¸ssel vorgelegt
EU-Kommissar László Andor hält die Debatte um Zuwanderung in manchen Mitgliedsstaaten für übertrieben emotional und fehlgeleitet.

Eine Überprüfung des Aufenthaltsstatus soll künftig einen Missbrauch von Sozialhilfen durch EU-Bürger verhindern. Aus diesem Grund hat EU-Sozialkommissar László Andor einen Leitfaden zur Feststellung des „gewöhnlichen Aufenthaltes“ ausgearbeitet. Anhand vieler Fallbeispiele erläutert der Leitfaden Kriterien, ab wann EU-Bürgern Hilfeleistungen zustehen. Wenn jemand beispielsweise die meiste Zeit in einem anderen Land verbringt, ist dies nach europäischer Rechtsauffassung sein „gewöhnlicher Aufenthaltsort“, auch wenn er noch ein Haus in der Heimat besitzt und Kontakte dorthin pflegt.

Vergangene Woche hatte die EU-Kommission bemängelt, dass arbeitslosen EU-Bürgern in Deutschland Hartz-IV verweigert wird. Das hatte zu massiver Kritik aus den Reihen der CSU geführt. Parteichef Horst Seehofer warf der Kommission Realitätsferne vor. Drastischer äußerte sich Hans-Peter Uhl, innenpolitischer Sprecher der Unionsfraktion, im Gespräch mit Phoenix: „Jetzt sollen wir ein Inklusionsmodell entwickeln, für Roma aus Rumänien, Bulgarien in Deutschland. Wer auf solche Schnapsideen kommt, der kann kein seriöser Gesprächspartner sein.“

In der emotional geführten Debatte will Andor mit dem neuen Leitfaden die bestehende Rechtslage der Europäischen Union wieder in den Fokus rücken. „Es stimmt einfach nicht, wenn jetzt behauptet wird, dass Brüssel Druck macht, dass jeder vom ersten Tag an Sozialleistungen erhält“, sagte er gegenüber der Deutschen Welle.

Dass bislang von einem befürchteten flächendeckenden Missbrauch der Sozialleistungen durch Wanderarbeiter keinerlei Rede seien kann, zeigt ein Blick auf die aktuellen Hamburger Zahlen. Von den 9203 in Hamburg lebenden Bulgaren und Rumänen sind 304 arbeitslos gemeldet. Lediglich 183 von ihnen erhalten Hartz IV.

Text: JOF
Foto: Action Press / Wiktor Dabkowski