Das Winternotprogramm in der Friesenstraße. Foto: Mauricio Bustamante.
Am Wochenende startet das Hamburger Winternotprogramm. Wir haben Hinz&Künztler:innen gefragt, wie sie den Winter überstehen.
An zwei Standorten können ab dem 1. November insgesamt 700 Obdachlose übernachten. Das städtische Unternehmen Fördern & Wohnenöffnet ab 17 Uhr die Türen eines ehemaligen Bürogebäudes in Hammerbrook mit 400 Plätzen und eines ehemaligen Hotels in Moorfleet mit 300 Plätzen. Allerdings müssen die Menschen die Unterkünfte jeden Morgen um 9.30 Uhr wieder verlassen. Wohlfahrtsverbände und die Partei Die Linke kritisieren das seit Jahren. Zuletzt hat deren Bürgerschaftsfraktion einen Antrag auf eine ganztätige Öffnung gestellt, der jedoch keine Mehrheit fand.
Anders als in den städtischen Großunterkünften läuft es in den Wohncontainern, die auf dem Gelände von Kirchengemeinden und Hochschulen aufgestellt werden. Dort stehen in diesem Jahr 95 Plätze zur Verfügung. 31 Frauen, 56 Männer und acht Paare können so den Winter über rund um die Uhr ihre Tür hinter sich abschließen und im Warmen etwas zur Ruhe kommen. Wer einen Platz bekommt, entschied das Los.
Adam, 59, wird den Winter in seinem Auto schlafen. So lange, bis es nicht mehr geht. Ab minus zehn Grad muss er wohl oder übel ins städtische Winternotprogramm, sagt er. Das versuche er aber zu vermeiden, weil ihm da zu viele Leute seien. Vielen seiner „Kollegen“, also anderen Obdachlosen, ginge es aber schlechter als ihm, sagt Adam. Deswegen ist er nicht zur Verlosung der Containerplätze gegangen. „Ich lasse anderen den Vortritt, die nicht im Auto schlafen können.“
Foto: Imke Lass
Pavol (von links), Patrik und Dariusz hatten Pech bei der Verlosung der Containerwohnplätze. „Über hundert Leute wollten einen Platz“, sagt Pavol frustriert. „Wir hatten keine Chance.“ Den Rest des Jahres haben die drei in Zelten geschlafen. „Aber Winter ist Katastrophe“, sagt Pavol. Trotzdem steht für sie fest: Ins städtische Winternotprogramm gehen sie nicht. Sie haben schlechte Erfahrungen gemacht: „Mir wurde alles geklaut, sogar Schuhe“, sagt Pavol. „Und tagsüber friert man und wird nass“, sagt Dariusz. Pavol macht gerade eine Therapie, um seine Alkoholkrankheit zu bekämpfen. Er könne nicht in eine große Unterkunft, wo viele Menschen Alkohol trinken. „Keine Ahnung, wo wir im Winter bleiben sollen“, sagt er. Foto: Imke Lass
Viroel, 56, hatte Glück. Er hat einen der begehrten Plätze in einem Wohncontainer bekommen. Den Zettel mit dem Diakonie-Stempel, der sein Glück offiziell macht, behandelt der Hinz&Künztler wie seinen größten Schatz. „Ob ich glücklich bin?“ Er hält das Blatt Papier triumphierend in die Höhe. „Aber richtig!“ Er strahlt seinen Hund Max an. Mit ihm hätte Viroel im städtischen Winternotprogramm keine Chance gehabt. Dort sind Hunde verboten. Foto: Imke Lass
Wie barrierefrei ist Hamburg? Wir waren mit obdachlosen Rollifahrer:innen unterwegs und haben den Influencer Mr. BlindLife getroffen. Außerdem: Mit „Songs for Joy“ kommt ein Film über ein außergewöhnliches musikalisches Mitmach-Projekt in die Kinos.
1999 in Hannover geboren, hat dort Germanistik und Anglistik studiert und ist Anfang 2022 nach Hamburg gezogen. Seit Juni 2023 Volontärin bei Hinz&Kunzt.