Einen unbekannten französischen Zwangsarbeiter als Vater, zehn Halbgeschwister und eine Lebensreise von Schwaben nach Hamburg: zu Besuch bei der Bergedorferin Gabriele Lapp.
Wo anfangen? Wie einsteigen? Nehmen wir den Moment, als das Nachbarmädchen, das ein wenig älter ist und mit dem sie öfter spielt, ihr entgegenschleudert: „Du bist gar nicht das richtige Kind von deinen Eltern!“ Die heute 79-jährige Gabriele Lapp sitzt mit ihrem Mann in der gemeinsamen Seniorenwohnung in Hamburg-Bergedorf, sie holt tief Luft und ballt die Fäuste: „Ich habe sie bei ihren Zöpfen gepackt und gegen die Wand gedrückt.“ Zu Hause bringen ihr die Eltern nach und nach schonend bei: Das Mädchen hat recht. Ihre Eltern sind ihre Pflegeeltern, haben sie geholt, als sie mitbekommen haben, dass da im Dorf eine Mutter lebt, die ihre zwei kleinen Kinder nicht haben will. Das eine Kind sei Gabriele gewesen, damals zwei Jahre alt; das andere und ältere war das Mädchen von nebenan, Marianne, somit ihre Halbschwester. Die Szene ereignet sich Ende der 1940er-Jahre, nahe der schwäbischen Stadt Ludwigsburg.
„Meine Pflegeeltern haben mich wie ihr eigenes Kind behandelt und deshalb sind das auch meine Eltern“, sagt Gabriele Lapp. „Das Schlimme war, dass die Nachbarn wussten, dass ich ein uneheliches Kind bin.“ Sie nennen sie: das Franzosen-Kind. „Es gab Kindergeburtstage, da wurde ich nicht eingeladen. Mit mir hat man nichts zu tun haben wollen.“
