Arztbesuche : Praxisgebühr bleibt

Seit 2004 kosten Arztbesuche zehn Euro im Quartal. Der Vorstoß Hamburgs, die Praxisgebühr abzuschaffen, wurde von der Gesundheitsministerkonferenz gestoppt. Die umstrittene Gebühr erschwert Arztbesuche vor allem für Menschen mit wenig Geld.

Patienten müssen weiterhin 10 Euro im Quartal bezahlen, um einen Arzt konsultieren zu dürfen. Foto: Wilehlmine Wulff/pixelio.de

Hamburgs Vorschlag, die Praxisgebühr abzuschaffen, ist gescheitert. Bei der Konferenz der Gesundheitsminister der Länder (GMK) in Saarbrücken wurden nicht die erforderlichen 13 Stimmen für die Abschaffung der umstrittenen Gebühr erreicht. Immerhin: Elf Länder stimmten für die Abschaffung, dagegen waren Bayern (CSU-regiert), Sachsen (CDU), Niedersachsen (CDU), Saarland (CDU) und Berlin (SPD).

Damit bleibt die Praxisgebühr, die 2004 eingeführt wurde, um die Krankenkassen finanziell zu entlasten und vermeidbare Arztbesuche zu unterbinden. Das hat offenbar nicht geklappt. Zwischen 2004 und 2009 stieg die Zahl der Behandlungsfälle sogar: von rund 473 Millionen auf 564 Millionen.

Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks, die den Antrag aus Hamburg in die GMK mitgebracht hatte, zeigt sich enttäuscht über das Abstimmungsergebnis: „Die Gesundheitsminister sind sich weitestgehend einig, dass sich die Praxisgebühr in ihrer aktuellen Form als Steuerungsinstrument ärztlicher Inanspruchnahme nicht bewährt hat. Alleine dadurch, dass Bürokratie und das aufwändige nachträgliches Eintreiben ausstehender Beiträge wegfallen, würden bereits Kosten gespart.“

Unterstützt worden war der Vorstoß unter anderem auch von den Kassenärztlichen Vereinigungen, der Interessenvertretung von niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten. „Die  Praxisgebühr  war von Anfang an falsch konzipiert“, so Dieter Bollmann, Vorsitzender  der  Kassenärztlichen  Vereinigung Hamburg. Mittlerweile   sei   sie   zu  einem  reinen  Finanzierungsbestandteil  der Krankenkassen   verkommen,  der  mit  enorm hohem  bürokratischem  Aufwand eingetrieben   werden   müsse:  „Die  Ärzte  müssen  hohe  Bargeldbestände verwalten,  die  Abrechnung  ist  verkompliziert  und  die vorgeschriebenen Mahnverfahren  führen  zu  großem Ärger.“

Für Menschen mit geringem Einkommen ist es verheerend, dass der Hamburger Antrag zur Abschaffung der Praxisgebühr gescheitert ist, sagt Hinz&Kunzt-Sozialarbeiter Stephan Karrenbauer: „Seit der Einführung der Praxisgebühr gehen die Ärmsten der Armen nicht mehr regelmäßig zum Arzt. Sie lassen auch akute Leiden wie Infekte oder Schmerzen nicht behandeln, weil sie schlicht kein Geld übrig haben, um zum Arzt zu gehen.“ Für Obdachlose ist die Praxisgebühr ein zusätzliches Hemmnis auf dem Weg in die Praxis. Sie trauen sich ohnehin oft nicht zum Arzt – weil sie Angst vor allem Offiziellen haben oder weil sie sich ihres körperlichen Zustandes schämen. Das ist besonders schlimm, weil das Leben auf der Straße den Allgemeinzustand von Obdachlosen schwächt. Eigentlich harmlose Erkältung können sich bei ihnen ohne Behandlung zu lebensgefährdenden Krankheiten entwickeln.

Seit es die Praxisgebühr gibt, vergibt Hinz&Kunzt wesentlich mehr „Kleinstkredite“: „Wir leihen unseren Leuten zehn Euro, damit sie zum Arzt können.“ Projekte wie der mobile Arztbus der Caritas können nur punktuell helfen: „Die mobile Hilfe steht nur begrenzt zur Verfügung und kann nur Erstversorgung leisten.“ Es kann nicht sein, dass medizinische Hilfe eine Frage des Geldbeutels ist, findet Stephan Karrenbauer: „Die Praxisgebühr gehört abgeschafft.“

Verbände, wie etwa die Caritas mit ihrer Kampagne „Armut macht krank“, fordern schon lange, dass die Praxisgebühr zumindest Menschen mit wenig Geld erlassen werden soll.