Flüchtlinge aus Italien : Keine Unterkunft für Afrikaner

Die Suche nach einer Unterkunft für die afrikanischen Flüchtlinge, die auf Hamburgs Straßen leben, läuft noch immer. Der Senat hat eine Unterbringung angeboten – gekoppelt an eine Rückreise nach Italien. Da wollen die Flüchtlinge aber nicht wieder hin.

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Seinen Schlafplatz am Bismarck-Denkmal hat Ymafada Kuaku Gzile inzwischen geräumt, nachdem er einen Platzverweis vom Bezirk Mitte erhalten hatte.

Der Park am Bismarck-Denkmal war ihre letzte Zufluchtsstätte, aber auch hier sollen sie nicht mehr bleiben dürfen: Am Mittwoch wurden die afrikanischen Flüchtlinge, die dort schlafen, vom Bezirksamt Mitte zum Verlassen des Parks aufgefordert. Nicht, dass sie es dort bequem gehabt hätten: Viele schliefen auf dem Boden, deckten sich mit dünnen Stoffdecken zu. Die Bäume im Park spendeten nur unzureichend Schutz vor dem strömenden Regen, der sich im Frühling über Hamburg ergoss. Seit über einer Woche laufen nun schon die Gespräche zwischen Nordkirche, Diakonie und Sozialbehörde über eine Unterbringung der Flüchtlinge in einer Notunterkunft.

Eventuell kommen die Flüchtlinge in einer ehemaligen Schule in Langenhorn unter. Allerdings ist das laut Sozialbehörde bislang nur eine Möglichkeit: Es werde noch geprüft, ob das Gebäude geeignet sei. Den Vorschlag, kurzfristig ein Zeltlager als Regenschutz zu errichten, lehnte Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) am Mittwoch in der Bürgerschaft ab: „Die Böden sind total durchgeweicht“, sagte er. „Man kann Menschen doch nicht auf nassen Wiesen unterbringen!“

Der Druck auf den Senat wächst. „Die Flüchtlinge dürfen nicht zum Spielball der Politik werden“, mahnte die FDP-Abgeordnete Martina Kaesberg in der Bürgerschaft. „Mit den Flüchtlingen kam die Not nach Hamburg, und damit ist es auch Hamburgs Not.“ Zuletzt hat auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) den Senat aufgefordert, „möglichst umgehend“ eine Lösung für die Unterbringung zu finden. Senator Scheele verwies indes auf die bestehenden Hilfsangebote in der Stadt. Die Flüchtlinge könnten Tagesaufenthaltsstellen besuchen, sich in Kleiderkammern neu einkleiden und auch medizinische Angebote nutzen. „Im größten Notfall können sie außerdem 112 rufen“, erklärte Scheele. „Da erhalten sie auf jeden Fall Hilfe.“

Italien will Flüchtlinge zurück nehmen

Hilfe benötigen die Afrikaner dringend. Mehrere hundert, die 2011 vor dem Krieg in Libyen nach Italien geflohen waren, leben seit dem Ende des Winternotprogramms am 15. April auf Hamburgs Straßen. Ihre Berichte, die italienischen Behörden hätten sie im Winter mit Visa und 500 Euro Bargeld ausgestattet und aufgefordert, das Land zu verlassen, haben inzwischen für diplomatische Spannungen gesorgt. Das Bundesinnenministerium widersprach Medienberichten, nach denen das Vorgehen der italienischen Behörden mit der Bundesregierung abgesprochen gewesen sei. Am Donnerstag hieß es aus dem Ministerium in Berlin, Italien hätte sich nun bereit erklärt, die Flüchtlinge wieder aufzunehmen. Nach dem Ablauf ihrer drei Monate gültigen Aufenthaltspapiere sollen sie nach Südeuropa zurückgeschickt werden.

Nach EU-Recht ist Italien für die Flüchtlinge zuständig, weil sie dort als erstes die Staatenunion betreten haben. Sie haben in Hamburg auch eigentlich keine Ansprüche auf Unterstützung, weswegen sich der Senat mit Nothilfe schwer tut: Unterstützung zum Beispiel in Form von Schlafsäcken für die Flüchtlinge gab es bislang nicht. Für die Linkspartei ist das eine faule Ausrede: „Auch, wenn sie sich auf die Rechtslage berufen können: Die Missachtung der Menschenrechte von Kriegsflüchtlingen ist eine Schande für diese Stadt“, sagte die Bürgerschaftsabgeordnete Christiane Schneider.

Unterkunft nur mit Bedingungen

Hilfe in Hamburg soll es für die Flüchtlinge nur geben, wenn sie sich zur Rückreise nach Italien verpflichten. Der Senat sei bereit, den Afrikanern für vier bis sechs Wochen eine Unterkunft zur Verfügung zu stellen, so Scheele in der Bürgerschaft: „Unter der Bedingung, dass das ein Bestandteil der Rückreise nach Italien ist!“ Seit einer Woche sucht die Sozialbehörde nach einem Gebäude, in dem die Flüchtlinge zwischenzeitlich untergebracht werden können. Aber: „Die Suche nach einer geeigneten Fläche gestaltet sich extrem schwierig“, so der Senator. Die Vorbereitungen der Rückkehr nach Italien laufen offensichtlich besser: Derzeit sei der Senat intensiv in Kontakt mit der Bundesregierung und italienischen Behörden, um eine „geordnete Rückreise“ zu organisieren.

Die Perspektiven für Flüchtlinge in Italien sind generell schlecht. So schlecht, dass bereits zahlreiche Verwaltungsgerichte Abschiebungen nach Italien gestoppt haben: Sie halten es nicht für gewährleistet, dass die Menschenrechte der Flüchtlinge in Italien eingehalten werden. Die Zustände dort sind seid Jahren bekannt: In einem Bericht der schweizerischen Beobachtungsstelle für Asyl- und Ausländerrecht heißt es schon 2009: „Die große Mehrheit der Asylsuchenden ist ungeschützt, ohne Obdach, Integrationshilfe und gesicherten Zugang zu Nahrung. Die Betroffenen übernachten in Parks, leer stehenden Häusern und überleben dank der Hilfe von karitativen Organisationen.“

Rückkehr nach Italien „nicht akzeptabel“

Die Flüchtlinge wollen deswegen auf jeden Fall in Hamburg bleiben: „Es ist für uns keine akzeptable Bedingung, dass wir wieder zurück nach Italien gehen sollen“, sagt der 31-jährige Friday Emitola. Ob die Flüchtlinge also unter dieser Bedingung in ein Haus einziehen würden, ist unklar. Sie fordern neben einer Unterkunft auch das Recht zu arbeiten und freien Zugang zum Bildungs- und Gesundheitssystem.

Text: Benjamin Laufer, Maren Albertsen
Foto: Mauricio Bustamante

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