Ausstellung in Altona : Toleranz – eine vorübergehende Gesinnung

An großen Wänden hinterlassen Besucher:innen ihre Gedanken zur Ausstellung. Foto: Imke Lass
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Das Museum Altona zeigt mit der Ausstellung „glauben und glauben lassen“, wie Minderheiten um Freiheitsrechte kämpften. In der Eskalation des Nahost-Konflikts wirken die Fragen, die sie aufwirft, aktueller denn je.

Die Familie im Erdgeschoss feierte Konfirmation, unter dem Dach wurde koscher gekocht, dazwischen betete jemand zur Jungfrau Maria: Im Haus Kirchenstraße 16 in Altona war Glaubensfreiheit Alltag. 1860 lebten hier lutherische, jüdische, katholische und reformierte Nachbar:innen unter einem Dach. Stress? Nicht überliefert, sagt Anja Dauschek, Direk­torin des ­Altonaer Museums. „Wir glauben, dass wir anhand der Statistik sagen können: Das Zusammen­leben funktionierte.“

In der Ausstellung „glauben und glauben lassen“, die das Museum seit Ende September zeigt, ist diese Statistik nur ein kleines Nebenprojekt: Drei ehrenamtliche Mitarbeitende ­recherchierten, wer im 19. Jahrhundert im Quartier Kirchenstraße rund um die aschkenasische Synagoge lebte. Die Karte zeigt ein mitnichten rein jüdisches Viertel. Wie es zu der religiösen Vielfalt kam, erfährt das Publikum in den Räumen davor. Exponate und Texte veranschaulichen, was Glaubensfreiheit im Altona des 17. Jahrhunderts bedeutete, wie um sie gestritten wurde, bis sie Grundgesetz wurde. Und eine Frage kommt immer wieder auf: Wie tolerant sind wir heute?

Die Stadt Altona machte dem Nachbarn Hamburg in puncto Toleranz einiges vor. Schon ab 1601 gewährte der Landesherr Graf von Schauenburg die Glaubensfreiheit für Hugenott:innen und Mennonit:innen, Menschen jüdischen und katholischen Glaubens. Hamburg brauchte etwa 200 Jahre länger. Allerdings steckte nicht Menschenliebe, sondern nüchterne Wirtschaftspolitik dahinter: Der Graf verkaufte „Privilegien“ an Minderheiten, die mit Geld und Kontakten die Geschäfte ankurbelten. Die Geschäftsleute bauten daraufhin Gotteshäuser und Friedhöfe – etwa an der Großen Freiheit, die früher in Altona lag und nicht umsonst so heißt. Hier durften sie Taufe und Bar-Mizwa ­feiern, heiraten und ihre Toten begraben. Auch für die Versorgung armer Menschen war der Privilegienhandel wichtig, sagt Dauschek: „Damals waren die Kirchen die einzigen Sozialeinrichtungen.“ Obwohl viele ihre Geschäfte in Hamburg machten – das Seelenleben der nicht-lutherischen Gläubigen war in Altona zu Hause.

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Artikel aus der Ausgabe:

Zuhause gesucht!

Unserer Gesellschaft fehlt der soziale Zusammenhalt? Das Gefühl scheint aktuell weit verbreitet. Wir haben das Projekt „Tausch & Schnack“ in Hamburg-Eimsbüttel besucht und mit dem Wissenschaftler Thomas Lux über die Kraft von sogenannten Triggerpunkten gesprochen und festgestellt: Der gesellschaftliche Zusammenhalt in Deutschland ist gar nicht so klein. Außerdem: Weihnachten steht vor der Tür und wir bei Hinz&Kunzt haben bereits begonnen uns darauf einzustimmen. 

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Autor:in
Annabel Trautwein
Annabel Trautwein
Annabel Trautwein schreibt als freie Redakteurin für Politik, Gesellschaft und Kultur bei Hinz&Kunzt - am liebsten über Menschen, die für sich und andere neue Chancen schaffen.