„Helfen kann man nie genug“

(aus Hinz&Kunzt 208/Juni 2010)

Das Hamburger Spendenparlament hilft dort, wo Obdachlosigkeit, Armut und Einsamkeit den Hansestädtern zu schaffen machen. Nun hat es einen neuen Vorsitzenden.

Hier wird Demokratie gelebt: Mit einer Spende von fünf Euro im Monat kann man beim Hamburger Spendenparlament volles Stimmrecht erwerben. Dreimal im Jahr stimmen die Parlamentarier dann über die Vergabe von Fördermitteln an soziale Einrichtungen in Hamburg ab – kritisches Nachfragen ausdrücklich erwünscht. „Das Spenden-
parlament ist eine echte Bürgerbewegung“, sagt Jobst Böhning (71), seit April neuer Vorstandsvorsitzender der gemeinnützigen Organisation. „Nachhaltig mit kleinen Beträgen Gutes zu tun, diese Idee hat mich überzeugt.“ Schon seit 2005 ist der ehemalige Projektleiter der Hamburger Gesellschaft für Wirtschaftsförderung deshalb beim Spendenparlament dabei, bis dato als Mitglied der Finanzkommission.

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Dirk Bleese (links) übergibt seinen Posten an Jobst Böhning

Zwölf Jahre lang hatte Dirk Bleese (72) vor ihm den Vorsitz inne. Sein Resümee nach dieser Zeit: „Das Bild der Not hat sich gewandelt, vor allem Kinder und Jugendliche sind heute stärker betroffen.“ Und die Nöte der Institutionen seien größer geworden. „Umso wichtiger ist es, die Projekte, die wir fördern, sorgfältig zu prüfen“, sagt der ehemalige IBM-Manager. Schließlich sei das Spendenparlament nicht dazu da, in Zeiten klammer öffentlicher Kassen einzuspringen, wenn tatsächlich die Stadt zuständig ist: „Das tun wir nicht.“
Aber überall da, wo Hamburger Projekte zusätzlich Unterstützung in ihrem Kampf gegen Obdachlosigkeit, Armut und Einsamkeit brauchen, kann das Spendenparlament helfen – mit beträchtlichen Summen, denn nicht nur die Beiträge der rund 3400 Parlamentarier, sondern auch große Sonderspenden finanzierten die Arbeit des Spendenparlaments seit seiner Gründung 1996. So konnten seither mehr als 750 Projekte mit rund 6 Millionen Euro bezuschusst werden. Auch Hinz&Kunzt wurde immer wieder vom Spendenparlament unterstützt, in den vergangenen zehn Jahren mit mehr als 82.000 Euro für notwendige Umbauten, die Anschaffung eines Transporters oder die Sanierung der sanitären Anlagen für die Verkäufer.
Die in Hamburg besonders ausgeprägte Art des Bürgersinns mache eine solche Einrichtung wie das Spendenparlament erst möglich, findet der Hanseat Dirk Bleese. „In München hat man es auch mal versucht, ist aber gescheitert. Dort fehlt die Infrastruktur. In Hamburg ist seit Jahrhunderten alles von Bürgern für Bürger gemacht worden, zum Beispiel die Bürgeroper (die heutige Staatsoper) oder die Musikhalle! In München haben stattdessen die Fürsten gebaut.“
So ganz loslassen kann Bleese das Spendenparlament nicht. Die Feier zum 15-jährigen Jubiläum im nächsten Jahr wird er jedenfalls mitorganisieren: „Helfen kann man nie genug.“

Text: Misha Leuschen
Foto: Kathrin Brunnhofer