Auch in Jenfeld gibt es jetzt eine Flüchtlingsunterkunft. Anwohner hatten den Aufbau einer Zeltstadt am Vortag blockiert. Sie fühlten sich von der Aktion völlig überrumpelt. Denn die Innenbehörde hatte die Anwohner im Vorfeld nicht informiert.
Im zweiten Anlauf ist der Aufbau eines Zeltlagers für Flüchtlinge im Jenfelder Moorpark geglückt. Am Donnerstag hatten sich einige Anwohner den freiwilligen Helfern des Deutschen Roten Kreuz (DRK) in den Weg gestellt und damit die Arbeiten zum Erliegen gebracht. „Als DRK sind wir es nicht gewohnt, dass man uns daran hindert, wenn wir helfen wollen“, kommentierte DRK-Sprecher Rainer Barthel den Protest der Anwohner.
Am darauf folgenden Morgen ließ die Stadt das Gelände einzäunen. Anschließend rückten erneut etwa 100 DRK-Helfer für den Zeltaufbau an.Nur 20 Anwohner hatten sich vor dem Zaun versammelt. „Keiner weiß, wie lange die jetzt hier bleiben“, kritisierte ein Anwohner. Vereinzelt waren auch rassistische Äußerungen zu vernehmen. Doch dieses Mal blieben Störungen aus. Möglichst bald soll jetzt bis zu 800 Menschen hier Zuflucht finden.
Seit einigen Tagen bringt die Stadt erneut zahlreiche Flüchtlinge in Zelten unter. Eigentlich hatte sich der Senat zum Ziel gesetzt, alle Flüchtlinge zumindest in sicheren Wohncontainern unterzubringen. Doch die bestehenden Unterkünfte sind völlig ausgelastet. Mitarbeiter aus der Innenbehörde berichten, dass Flüchtlinge vor einer Flüchtlingsunterkunft in Harburg draußen auf der Straße schlafen müssen. Es wird immer deutlicher: Die Stadt kommt mit der Eröffnung neuer Heime nicht mehr schnell genug voran.
Anfang der Woche hatte Sozialsenator Detlef Scheele bei der Landespressekonferenz um Verständnis geworden und deutlich gemacht, dass künftig überall in Hamburg Flüchtlingsunterkünfte entstehen werden. Im Hinz&Kunzt-Interview bekräftigte er diese Haltung: „Auch wohlhabende Menschen in Harvestehude können sich ihre Nachbarn nicht aussuchen, wenn die Not groß ist.“
Jenfeld allerdings zählt zu den ärmsten Stadtteilen Hamburgs. Auch verkehrstechnisch ist die Region weitgehend abgehängt. Es gibt nur einige Bushaltestellen. Und für die Menschen im Stadtteil bot der Jenfelder Moorpark, umgeben von Mehrfamilienhäusern, vor allem in den Sommermonaten ein perfektes Naherholungsgebiet. „Den Park können wir dann mal knicken“, ärgerte sich eine Anwohnerin. Die Empörung ist verständlich. Andererseits sucht die Stadt händeringend nach nutzbaren Flächen. Und die Grünfläche im Jenfelder Moorpark eignet sich für die Unterbringung von Menschen. Zudem existierte in Jenfeld bislang keine Flüchtlingsunterkunft. Und rund um das Jenfelder Moor liegen weitere Grünflächen, die die Anwohner problemlos weiter nutzen können.
Für Empörung unter den Anwohnern sorgte aber vor allem die Informationspolitik der Innenbehörde. Diese hatte kurzfristig den Entschluss zur Erschließung des Jenfelder Moorparks gefasst, aber die Anwohner darüber nicht informiert. Die fühlten sich folglich überrumpelt, als zahlreiche DRK-LKWs und Helfer in den Park strömten, um mit dem Aufbau der Zelte zu beginnen. Und von der Innenbehörde war kein Ansprechpartner zur Stelle.
Ein Fehler, den die Behörde ganz offensichtlich wiedergutmachen wollte. Gegen Mittag mischte sich Staatsrat Bernd Krösser unter die Anwohner und verteidigte das Agieren seiner Behörde. Es war allerdings nicht nur Kritik aus der Nachbarschaft zu vernehmen. „Ich finde es aus humanitärer Sicht notwendig, dass wir jetzt auch hier Flüchtlinge aufnehmen“, sagt Angelo Veltens. „Ich fand es zwar nicht ok, dass man uns nicht informiert hat. Aber es ist eben auch eine Notsituation.“ Dass er mit seinem Hund künftig nicht mehr auf die Wiese kann, stört Familienvater überhaupt nicht. „Dann drehe ich künftig eben einfach eine Runde um das Camp.“
Text und Foto: Jonas Füllner