Cartoonist Tobias Vogel alias @kriegundfreitag arbeitete in seinem früheren Leben bei einer Krankenversicherung. Als Künstler findet er zu viel Sicherheit tödlich.
Samstagnachmittag in der City, vor dem ehemaligen „Karstadt Sport“ in der Mönckebergstraße tobt der übliche Shopping-Wahnsinn. Drinnen, bei den Künstler:innen, die das ausgeräumte Kaufhaus mittlerweile zwischennutzen, ist der Andrang allerdings überschaubar. Leidlich beschallt vom Sound eines einsamen Gettoblasters gelangt man über eine streikende Rolltreppe in die dritte Etage. Hier oben sitzt Tobias Vogel an einem kleinen Tisch. Hinter seinem Rücken ging es früher zu den Umkleiden, ein vergessenes Leuchtschild weist noch darauf hin. Von seiner Position aus kann Vogel die Etage gut überblicken. Mit etwas Fantasie kann man sich ihn als Rezeptionist eines Hotel-Entrees vorstellen, wie er da geduldig und mit freundlichem Lächeln der Dinge harrt. Nur dass seine Uniform aus Trainingsjacke und Band-Shirt besteht, aus Jeans und Sneakers.
Vogel, Künstlername @kriegundfreitag, signiert hier heute seine Zeichnungen. Vier Stunden lang. Das ist sehr lang für jemanden, der von sich selbst sagt: „Ich bin von meinem Naturell her eher introvertiert.“ Er sei aber durchaus in der Lage, „eine Extrovertiertheit anzuknipsen“, quasi wie einen Scheinwerfer, sagt er. Das funktioniere allerdings nur für einen zeitlich begrenzten Rahmen. Vier Stunden etwa.
Hinter Vogel hängt eine Handvoll gerahmter Zeichnungen, darauf: seine Strichmenschen. Die haben ihn erst im Internet und dann auch in der analogen Welt bekannt gemacht. Sie haben keine Augen, keine Nase, keinen Mund, alles ist aufs Nötigste reduziert. Dass es trotzdem an nichts fehlt, liegt an Vogels treffsicheren und humorvollen Texten, die kombiniert mit den Zeichnungen eine runde Sache ergeben.
Die Strichmenschen fühlen, leiden, hoffen, verknallen sich. Sie sind oft übermüdet und zweifelnd, aber auch berührend selbstkritisch und auf der Suche nach Verbindung. Vogel sagt: „Nicht alles ist lustig, manches ist durchaus wehmütig. Und hin und wieder habe ich auch ganz schlimme Wortspiele.“