Hamburger Erklärung : Für Solidarität, gegen Nazis

Jan Delay tut es, der FC St.Pauli tut es, sogar die Bischöfe tun es: Hamburg wehrt sich gegen Drohgebärden aus der rechten Szene. Über 200 Bürger und Initiativen rufen in einer „Hamburger Erklärung“ zu den Protesten gegen den Naziaufmarsch am 2. Juni auf.

Hängt auch bei Hinz&Kunzt an der Wand: die Hamburger Erklärung gegen Neonazis. Bild: Benjamin Laufer.

Die Drohgebärden aus Hamburgs Neonazi-Szene werden lauter. Auf einer Internetseite halluzinieren sie sich ein „Netzwerk der Überfremdungsfanatiker“ herbei. In einem bereits im Januar erschienenen Artikel werden zahlreiche Initiativen und Einzelpersonen aufgelistet, die sich für die Rechte von Migranten und Flüchtlingen einsetzen – teilweise sogar mit Adressen. Die Liste reicht von Journalisten über den Jesuiten-Flüchtlingsdienst bis zum Bleiberechtsausschuss der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft. „Das liest sich nicht nur zufällig wie eine Aufforderung, gegen diese Personen vorzugehen“, mahnte Verdi-Landesbezirksleiter Wolfgang Rose bei der Vorstellung der Hamburger Erklärung im Deutschen Schauspielhaus. Deswegen wollen die Unterzeichner zeigen, dass sich viele Hamburger gegen Neonazis positionieren. „Niemand soll in Hamburg wieder sagen können, er habe von nichts gewusst“, so Rose.

„Wir werden nicht zurückweichen vor den Einschüchterungsversuchen und Gewaltdrohungen von rechts“, heißt es in der Hamburger Erklärung für eine solidarische Gesellschaft. Sie richtet sich „gegen die menschenverachtende und antidemokratische Programmatik“ von Neonazis. Die Liste ihrer Unterzeichner füllt fünf Din-A4-Seiten, darunter kirchliche Einrichtungen, Gewerkschaften und viele Einzelpersonen. Der FC St. Pauli und der Musiker Jan Delay haben genauso unterzeichnet wie auch Hamburgs evangelische Bischöfin Kirsten Fehrs und Erzbischhof Werner Thissen. „Ich wünsche dieser Erklärung, dass sie in der ganzen Bundesrepublik verbreitet wird“, sagte Schauspieler Rolf Becker im Schauspielhaus. Allerdings gehe es ihm nicht nur um die Abgabe der Erklärung: „Es geht auch um die Umsetzung!“

Denn Rassismus und Diskriminierung gebe es nicht nur bei Neonazis, sondern auch in der Mitte der Gesellschaft. Sigrid Töpfer vom Flüchtlingsrat kritisierte zum Beispiel die Unterbringung von Flüchtlingen in Sammelunterkünften oder die so genannten „verdachtsunabhängigen Kontrollen“ durch die Polizei, von denen meistens Menschen mit schwarzer Hautfarbe betroffen sind. Das Verwaltungsgericht Koblenz hatte so eine Kontrolle aufgrund der Hautfarbe im März für rechtmäßig erklärt. „Es gilt ein reduziertes Bürgerrecht für Flüchtlinge“, bemängelte Iris Jäger vom Verbund für interkulturelle Kommunikation und Bildung.

Am 2. Juni planen Neonazis in Hamburg den „Tag der deutschen Zukunft“. Die Demonstration, zu der bis zu 1000 Faschisten erwartet werden, soll am Gänsemarkt beginnen und durch die Innenstadt zum Berliner Tor führen – wenn diese Route nicht verboten wird. Das Hamburger Bündnis gegen Rechts aus über 160 Organisationen ruft zu Gegenprotesten am Gerhart-Hauptmann-Platz und Blockaden auf der Demo-Route der Nazis auf. Auch Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz mobilisiert zusammen mit dem Senat zu einer Protestkundgebung auf dem Rathausmarkt. Sein Motto: „Hamburg bekennt Farbe: Für Demokratie, Toleranz und Vielfalt!“ Und für Verdi-Chef Rose ist die Beteiligung an den Protesten „eine demokratische und historische Verpflichtung.“

Text und Foto: Benjamin Laufer

Den kompletten Text der Hamburger Erklärung können Sie hier nachlesen (PDF). Wenn Sie die Erklärung unterschreiben möchten, schicken Sie eine E-Mail an hamburger.erklaerung@verikom.de

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